Die Federal Reserve (Fed) kündigte am Donnerstag ein 2,3 Billionen Dollar schweres Programm an, auf das Firmen, aber auch Bundesstaaten und Bezirke bei der Bewältigung der Pandemie zugreifen können. Fed-Chef Jerome Powell versicherte, die Notenbank könne die Wirtschaft so lange wie nötig über Wasser halten: Zeitlich gebe es dafür keine Grenzen. Die USA bewegten sich in "alarmierendem Tempo" Richtung Massenarbeitslosigkeit. Dies werde aber nur vorübergehend der Fall sein, sagte Powell.

Sobald die Betriebe wieder öffnen könnten, sei für die zweite Jahreshälfte mit einer raschen konjunkturellen Erholung zu rechnen, so Powell in einem Webcast der Denkfabrik Brookings Institution. Die Fed ist nun aber mitten in der Krise zunächst als Nothelfer gefragt: Über Geschäftsbanken sollen Unternehmen mit bis 10.000 Beschäftigten an Kredite mit mehrjähriger Laufzeit kommen. Den von der Viruskrise besonders stark gebeutelten Gebietskörperschaften greift die Fed direkt unter die Arme, indem sie deren Anleihen aufkauft. Die Notenbank reagiert mit diesem neuen Notprogramm auch auf eine für die Amerikaner immer bedrohlicher wirkende Entlassungswelle.

Allein in der vorigen Woche stellten 6,6 Millionen Bürger einen Erstantrag auf staatliche Stütze, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Von Reuters befragte Experten wurden auf dem falschen Fuß erwischt, da sie lediglich 5,25 Millionen auf dem Zettel hatten. In der Woche zuvor war die Zahl der Gesuche nach revidierten Daten auf den Rekordwert von 6,86 Millionen in die Höhe geschnellt. Die Viruskrise hat den jahrelang boomenden US-Jobmarkt jäh auf eine Talfahrt Richtung Massenarbeitslosigkeit geschickt. Im März wurden bereits 701.000 Stellen außerhalb der Landwirtschaft abgebaut, bevor die große Welle an Anträgen auf Arbeitslosenhilfe in der zweiten Monatshälfte ins Rollen kam.

"Selbst wenn in den kommenden Wochen nicht mehr ganz so viele Erstanträge eingehen, könnte die Arbeitslosenquote im April in der Größenordnung von 15 Prozent liegen. Das wäre die höchste Arbeitslosigkeit seit dem Jahr 1948", sagt Ökonom Klaus-Jürgen Gern vom Kieler Institut für Weltwirtschaft IfW voraus. Ein Grund für den besonders starken Anstieg der Anträge sei auch, dass im Rahmen eines Ende März verabschiedeten Gesetzes das Arbeitslosengeld aufgestockt und die Kriterien für den Bezug gelockert worden seien: "Dadurch gibt es im Vergleich zu früheren Rezessionen für Menschen, die ihren Job verloren haben, mehr Möglichkeiten, staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen."

Viele US-Bürger haben keine großen Rücklagen, auf die sie zurückgreifen können, wenn sie ihre Jobs verlieren. Laut einer Studie der US-Notenbank Fed von 2019 gerieten 39 Prozent der Amerikaner ins Straucheln, wenn sie eine unerwartete Ausgabe von 400 Dollar stemmen müssten.

Echo der Krise hallt nach

Die Arbeitslosenquote war zuletzt auf 4,4 Prozent gestiegen. Auch führende US-Währungshüter rechnen im Laufe der Krise mit einem Anstieg auf zweistellige Werte. Die Fed hatte in einer ersten Reaktion auf die Corona-Pandemie ihre Leitzinsen bereits auf nahe null gesenkt und ein Programm aufgelegt, mit dem der Kreditfluss an Haushalte und Firmen abgesichert werden soll.

Das nun zusätzlich beschlossene Billionen-Programm kam an der Wall Street gut an: "Die US-Notenbank und die US-Regierung sind bereit, extreme Anstrengungen zu unternehmen, um die Wirtschaft zu unterstützen, und das hat meine Erwartungen bei weitem übertroffen", sagte Dev Kantesaria, Gründer und Portfoliomanager des Hedgefonds Valley Forge Capital Management.

Trotz aller Notmaßnahmen der Fed leidet auch der für die US-Wirtschaft so wichtige Konsum unter der Krise: "Die Angst vor einer Ansteckung wird die Menschen noch längere Zeit vor einem Restaurant- oder Kinobesuch abhalten. Auch die Kleiderläden werden weit weniger frequentiert als dies noch bis vor kurzem der Fall war. Das wirtschaftliche Echo des Corona-Virus wird noch lange nachhallen", prophezeit Ökonom Thomas Gitzel von der VP Bank.

Die Stimmung der US-Konsumenten verschlechtert sich bereits zusehends. Das Barometer für das Verbrauchervertrauen im April fiel auf 71,0 Zähler von 89,1 Punkten im März, wie die Universität Michigan auf Basis vorläufiger Daten mitteilte. Das ist das niedrigste Niveau seit Dezember 2011. Der private Konsum steuert rund 70 Prozent zur Wirtschaftsleistung der USA bei. Auch der US-Währungshüter Robert Kaplan aus Dallas befürchtet, dass die Verbraucher selbst nach dem Höhepunkt der Corona-Infektionen aus Angst um ihre Gesundheit und ihren Arbeitsplatz zurückhaltender sein könnten.

(Reuters)