Vieles hängt davon ab, wie der Vorsitzende der Federal Reserve, Jerome Powell, auf eine Frage reagieren wird, die ihm nach der geldpolitischen Entscheidung vom Mittwoch sicher gestellt wird: Ist eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte möglich? Es wird erwartet, dass die US-Notenbank an dieser Sitzung die Zinsen um 50 Basispunkte anheben wird, was sie seit Mai 2000 nicht mehr getan hat.

Und die Swap-Händler haben für jede der folgenden drei Sitzungen einen halben Punkt eingepreist - im Juni, im Juli und im September - was die steilste Entwicklung seit drei Jahrzehnten darstellt. Aber es könnte immer noch Raum für noch eine noch straffere Geldpolitik geben, je nachdem, wie Powell seine bevorstehende Pressekonferenz gestalten wird.

Grünes Licht für weitere Zinserhöhung?

Die Händler werden genau beobachten, ob der Fed-Chef grünes Licht geben wird für die Idee einer dreiviertel-prozentigen Zinserhöhung. Oder ob er sich zumindest dafür entscheidet, kein rotes Licht zu geben. Das wäre etwas, was die Zentralbank seit dem "Annus Horribilis" für Staatsanleihen im Jahr 1994 nicht mehr getan hat. So oder so, die Verschiebungen auf dem Zinsmarkt könnten schnell und gnadenlos sein. 

"Powell wird zurückfallen auf 'wir bestehen nicht auf vordefinierte Zinserhöhungen', oder etwas in dieser Richtung, oder auch: 'Wir gehen offen in jede Sitzung, reden darüber und dann sehen wir weiter", sagt Tony Farren, Geschäftsführer der Mischler Financial Group. "Der Markt würde das als straff auffassen. Damit seine Kommentare als mild erscheinen, müsste er das Gerede von 75 Basispunkten beenden." Powell werde sich dazu aber wohl kaum eindeutig äussern. 

Anleihen auf Talfahrt in Australien

Das Bild an den australischen Märkten bietet einige potenzielle Hinweise darauf, wie Zinshändler und sogar Strategen auf solche Äusserungen reagieren könnten. Der Gouverneur der Reserve Bank of Australia, Philip Lowe, sprach am Dienstag davon, offen für Zinserhöhungen zu sein, die stärker als erwartet ausfallen. Lowe fügte aber auch hinzu, dass es dabei keinen vorbestimmten Weg gebe.

Das brachte die australischen Staatsanleihen erneut auf eine Talfahrt, da die Händler einen aggressiveren Weg für Australien einpreisen als für die USA - so lagen die Dezember-Kassenterminkontrakte Down Under am Mittwoch bei 2,9 Prozent, gegenüber 2,8 Prozent für die Fed Funds Rate.

Ein ambivalenter Ton des Fed-Vorsitzenden Powell könnte gemäss Farren die Treasury-Renditen über die gesamte Kurve hinweg nach oben treiben. Powell werde wahrscheinlich an seinem Plan festhalten, datenabhängig und unverbindlich gegenüber zukünftigen Zinserhöhungen zu sein, sagt auch Mark Cabana, Leiter der US-Zinsstrategie bei der Bank of America, gegenüber Bloomberg TV.

Der Präsident der St. Louis Fed, James Bullard, hat sich bereits offen für eine mögliche Zinserhöhung um 75 Basispunkte in diesem Jahr ausgesprochen. Andere hochrangige Fed-Vertreter haben erklärt, dass eine Erhöhung der Leitzinsen um 50 Basispunkte, in Verbindung mit Plänen, die Bilanz der Zentralbank um bis zu 95 Milliarden Dollar pro Monat zu kontrahieren, Sinn ergeben würde.

"Ich denke, eine Anhebung um 75 Basispunkte ist für diesen Ausschuss, der sich immer noch aus einem Haufen Tauben zusammensetzt, zu brachial", sagte Peter Boockvar, Chief Investment Officer bei der Bleakley Advisory Gruppe. Und 50 Basispunkte an Erhöhungen in vier aufeinanderfolgenden Sitzungen seien auch in den Augen des Marktes straff genug.

Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen kletterten diese Woche zum ersten Mal seit 2018 auf über 3 Prozent, während die Erwartungen einer forschen Straffung dazu beitrugen, dass globale Anleihen im April den stärksten monatlichen Verlust seit ihres Bestehens auswiesen. 10-jährige australische Renditen stiegen am Mittwoch um 6 Basispunkte auf 3,46 Prozent, dem höchsten Stand seit 2014, und um 40 Basispunkte innerhalb einer Woche.

75 Basispunkte: Wahrscheinlichkeit von ein Drittel

Bislang haben Händler diese Woche die Chancen für eine überstürzte Zinserhöhung im Juni durch die Fed getrimmt, wobei die Swap-Kontrakte für Juni wieder bei 109 Basispunkten über dem aktuellen Satz standen, von einem einem kürzlichen Höchststand von 111 Basispunkten. Das deutet auf eine Wahrscheinlichkeit von etwa einem Drittel hin, dass die Zinsen im nächsten Monat um 75 Basispunkte angehoben werden. Dies, nachdem nach weit verbreiteten Prognosen der Zinssatz am Mittwoch um 50 Basispunkte erhöht wird, anstatt nur um einen halben Basispunkt im Juni.

Die vorauseilende Einpreisung eines möglicherweise aggressiveren Zinszyklus durch den Markt spiegelt wider, dass die Fed dieses Jahr gezwungen war, ihr starres Mantra zu verstärken, da die Inflationserwartungen gestiegen sind. Dies insbesondere nach dem Anstieg der Rohstoffpreise, der durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine ausgelöst wurde. "Wenn man etwas über Powells Fed in den letzten sechs Monaten sagen kann, dann, dass es eine klare Tendenz gibt, auch mit starren Entscheidungen zu überraschen", sagte Ian Lyngen, Leiter der US-Zinsstrategie bei BMO Capital Markets.

(Bloomberg/cash)