Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte einen grösseren Zinsschritt unternehmen, wenn es Anzeichen gibt, dass die hohen Inflationswerte die Erwartungen nach oben treiben. Das sagte EZB-Ratsmitglied Martins Kazaks bei Bloomberg TV.

"Wenn wir sehen, dass sich die Situation verschlechtert hat, dass die Inflation zudem hoch ist und wenn wir negative Meldungen bezüglich der Inflationserwartungen haben, dann wäre meiner Meinung nach eine nach vorne gewichtete Anhebung eine vernünftige Entscheidung", sagte Kazaks, der Gouverneur der lettischen Zentralbank. Er lehnte es ab, explizit darüber zu spekulieren, ob Verschiebungen am Markt eine Erhöhung um einen halben Punkt rechtfertigen könnten.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hob den Leitzins vorletzte überraschend gleich um einen halben Prozentpunkt an, um den Inflationsdruck zu mindern. Nur zwei von 27 befragten Ökonomen hatten im Vorfeld  überhaupt mit einer Zinserhöhung gerechnet, und dies auch nur um 25 Basispunkte. Die SNB setzte mit ihrem grossen Zinsschritt die EZB unter Druck.

Die Ratsmitglieder der EZB treffen sich dieser Tage zu ihrer jährlichen Klausurtagung im portugiesischen Sintra. Vor dem Hintergrund der ersten Zinserhöhung, die die EZB seit mehr als einem Jahrzehnt vorzunehmen beabsichtigt, sorgen sich Anleger allerdings über eine Wiederholung der europäischen Schuldenkrise, was die Wahrscheinlichkeit eines grosen Zinsschrittes der EZB bislang relativ tief gehalten hatte.

EZB arbeitet an Kriseninstrument

Auch daher wächst der Druck auf die EZB, ein neues Instrument anzukündigen, mit dem sie Panik auf den Staatsanleihemärkten verhindern kann, während sie die Zinsen anhebt. Auf einer Dringlichkeitssitzung vor zwei Wochen beschloss die EZB, die Arbeit an einem solchen Kriseninstrument zu beschleunigen.

Präsidentin Christine Lagarde und ihre Ratskollegen halten das so genannte Anti-Fragmentierungs-Instrument für notwendig, damit sie die Straffung der Geldpolitik gegen die Rekordinflation weiterführen können, ohne sich Sorgen um die Integrität der Eurozone machen zu müssen. Wichtige Einzelheiten des Instruments sind allerdings noch offen.

Lagarde sagte am Dienstag in Sintra: "Wenn sich die Inflationsaussichten nicht verbessern, werden wir über ausreichende Informationen verfügen, um schneller zu handeln". Sie deutete damit an, dass die EZB angesichts der hartnäckig hohen Inflation das Tempo bei der Normalisierung ihrer Geldpolitik in den nächsten Monaten erhöhen könnte. 

(Bloomberg/cash)