Nach Jahren im Ausnahmezustand nehmen die Zentralbanken den Abbau ihrer im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise aufgeblähten Bilanzen in Angriff. Die schwierigste Aufgabe kommt dabei wohl nicht großen Notenbanken wie Fed oder EZB mit ihren billionenschweren Portfolios zu, sondern der vergleichsweise kleinen Schweizerischen Nationalbank (SNB).

Denn in Relation zur Wirtschaftsleistung des Landes verfügt sie über die größte Bilanzsumme. Und ein Abbau birgt wegen der hohen Bestände an Fremdwährungen wie Euro und Dollar spezielle Risiken. Die nächste Zinssitzung ist für 14. September geplant. Im Folgenden mögliche Schritte, wie die SNB bei einem Ausstieg aus ihrer lockeren Geldpolitik vorgehen könnte:

Die Wortwahl

Bevor die SNB Beschlüsse trifft, könnte sie diese nach Einschätzung von Experten mit einer veränderten Wortwahl andeuten. Seit Anfang 2015 versucht sie, mit Negativzinsen von minus 0,75 Prozent und der unermüdlich bekundeten Bereitschaft zu Devisenmarktinterventionen, den aus ihrer Sicht zu hohen Franken-Kurs zu drücken.

Zunächst könnten die Währungshüter aufhören, von einem "deutlich überbewerteten" Franken zu sprechen, sagt Markus Schmieder, Ökonom bei der Beratungsfirma Wellershoff & Partners. Diese Formulierung gilt als Codewort dafür, dass die SNB keine Möglichkeit sieht, von ihrem geldpolitischen Kurs abzurücken. Andere Experten sind jedoch skeptisch, was eine solche Vorwarnung betrifft. Zuletzt hat die SNB die Märkte bei Änderungen ihrer Geldpolitik völlig überrascht - etwa bei der Aufhebung des Euro-Mindestkurses Anfang 2015.

Die Zinsen

In einem ersten konkreten Schritt könnte die SNB die Zinsen erhöhen. Doch damit dürften die Schweizer Währungshüter warten, bis die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen anhebt, sagt Vontobel-Währungsexperte Sven Schubert. Eine solche Maßnahme in Frankfurt erwarten Experten frühestens für Ende 2018 oder Anfang 2019. Im Euro-Raum liegt der Leitzins bei null Prozent und der sogenannte Einlagensatz bei minus 0,4 Prozent, in der Schweiz befinden sich beide Sätze bei minus 0,75 Prozent.

Die SNB strebt nach eigenem Bekunden stets tiefere Zinsen als in der Euro-Zone an, um den Franken für Investoren und Spekulanten unattraktiv zu machen. Sollten sich die Schweizer Wirtschaft und der Außenhandel jedoch besonders gut entwickeln, könnte das die eidgenössischen Währungshüter bereits vor der EZB zu einer Zinserhöhung veranlassen.

Die Bilanz

Über 90 Prozent der 775 Milliarden Franken schweren SNB-Bilanz entfielen Ende Juni auf das Portfolio an Anlagen in fremden Währungen. Der Großteil davon sind Anleihen, etwa ein Fünftel sind Aktien-Anlagen. Auf die beiden wichtigsten Währungen Euro und Dollar entfallen 40 Prozent beziehungsweise 35 Prozent der Devisenreserven.

Das umfangreiche Portfolio ist das Ergebnis der jahrelangen Marktinterventionen der SNB, die Euro und Dollar gekauft hat, um den Franken zu schwächen. Für die SNB ist die große Bilanz jedoch eine Last - denn bereits kleine Währungsschwankungen führen zu massiven Bewertungsgewinnen oder -verlusten. Das wiederum schlägt sich im Ergebnis der Notenbank nieder, an das die Gewinnausschüttungen an Bund und Kantone geknüpft sind.

Bei einem Bilanzabbau muss die SNB besonders vorsichtig vorgehen, weil sie - anders als Fed oder EZB - den Großteil ihrer Bestände nicht in der eigenen Währung hält, wie Währungsstratege Florian Weber von der Privatbank Safra Sarasin erläutert. Wann immer die Schweizer die von ihnen gehaltenen Anleihen oder Aktien verkaufen und den Dollar- oder Euro-Erlös in Franken tauschen, laufen sie Gefahr, dass der Franken aufwertet. Jahrelange Bemühungen, die Landeswährung zu schwächen und damit die exportorientierte Wirtschaft des Landes anzukurbeln, würden zur Makulatur. Bevor die SNB an einen Bilanzabbau denken könne, müsse der Franken daher deutlich an Wert verlieren, sagt Weber. So müsse der Euro auf mindestens 1,40 Franken zulegen. Aktuell kostet er 1,1340 Franken.

Entscheidend für einen Startschuss zum Bilanzabbau ist nach Einschätzung von Vontobel-Experte Schubert darüber hinaus das Anlageverhalten von Schweizer Großkonzernen und Investoren. Sie hatten in den vergangenen Jahren aus Angst vor einem Auseinanderfallen der Euro-Zone ihre dort erwirtschafteten Gewinne in den "sicheren Hafen" Franken gebracht, was maßgeblich zu dessen Aufwertung beitrug. Doch mit der besseren Wirtschaftsentwicklung in Europa könnten Investoren ihre Strategie ändern und längerfristig wieder in Euro investieren. Das würde den Franken schwächen und der SNB Raum für einen Abbau ihres Portfolios geben. "In einem solchen Umfeld fühlt sich die SNB wohler, die Bilanz zu kürzen", sagt Schubert. Noch sei ein solcher Trend bei den Investoren aber nicht absehbar. 

(Reuters)