Das verschlafene Dorf in der Agglomeration Obersee mit rund 7000 Einwohnern, eine halbe Stunde von Zürich entfernt, versteht die Gefahren, sich auf die Wirtschaft als Konjunkturmotor zu verlassen. Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts florierte Pfäffikon, da seine niedrigen Steuern globale Finanzunternehmen, insbesondere Hedgefonds, anzogen. Die Bevölkerung wuchs sprunghaft, die Steuereinnahmen kletterten, und Bürogebäude aus Glas und Stahl entstanden in den Wiesen entlang der Hauptstrasse.

Pfäffikon zahlte den Preis dafür, als nach der Weltwirtschaftskrise 2008 fast 1000 Hedgefonds-bezogene Arbeitsplätze wegfielen. Die Verantwortlichen in der Gemeinde versuchten, die Steuerausfälle auszugleichen, die Vermieter hatten Mühe, den plötzlich leeren Büroraum zu füllen, und die lokalen Restaurants fragten sich, was mit den Menschenmassen, die zum Mittagessen kamen, passiert sei.

"Die Mitarbeiter aus dem Finanzsektor gingen zum Metzger, zum Friseur", berichtete Diego Föllmi, ein langjähriger Bewohner der Region und Partner bei Herens Quality Asset Management in Pfäffikon. "Nachdem die Hedgefonds Stellen gestrichen haben, haben diese Leute gelitten."

Heute hat sich Pfäffikon weitgehend erholt und die Finanzjobs im Kanton Schwyz, wo der Ort liegt, sind fast 10 Prozent über dem Stand von 2011. Zwar ist eine Handvoll von Hedgefondsjobs zurückgekommen, aber die Erholung ist auf einer breiteren Basis von Unternehmen aufgebaut worden, die von Pfäffikons Verkehrsanbindungen, Glasfaser-Internetverbindungen und Dutzenden von neuen Gebäuden angelockt wurden. Der Chemiehersteller BASF ist im vergangenen Jahr mit 85 Mitarbeitern gekommen. Der Industriekonzern OC Oerlikon expandiert und beschäftigt dort nun 150 Mitarbeiter. Und eine vom Möbelhaus Ikea ausgegliederte Verwaltungsgesellschaft beschäftigt acht Mitarbeiter an einem Standort, der 2016 eröffnet wurde.

Diversifikation nach Krise

"Nach der Finanzkrise hat Pfäffikon beschlossen zu diversifizieren”, sagt Urs Durrer, der für die wirtschaftliche Entwicklung des Kantons zuständig ist. "Es gab viele leere Büroräume, aber das ist besser geworden, nachdem sich Nicht-Finanzunternehmen angesiedelt haben."

Der Fokus auf eine breitere wirtschaftliche Basis markiert eine grosse Veränderung gegenüber der Situation vor zwei Jahrzehnten, als Pfäffikon Hedgefonds als Schlüssel für seinen Wohlstand ansah. In den 1990er Jahren waren einige Unternehmen aufgetaucht, die durch den ländlichen Lebensstil, den leichten Zugang zum Finanzkapital der Schweiz und insbesondere durch den Körperschaftsteuersatz des Kantons von 12,5 Prozent im Vergleich zu 20 Prozent in Zürich angezogen wurden. Lokale Führungskräfte gaben sich enthusiastisch für die Branche und warben für die Attraktivität der Region für andere in der Branche.

Diese Bemühungen zahlten sich aus, als die Hedgefonds-Gesellschaften Man Group und Horizon 21 die Beschäftigungszahlen der Stadt dominierten mit etwa 800 Angestellten 2008. Mindestens ein Dutzend kleinerer Unternehmen kamen neu in das Dorf, was weitere Hunderte Arbeitsplätze brachte und in den zehn Jahren nach 2000 stieg die Einwohnerzahl der Gemeinde Freienbach, zu der Pfäffikon gehört, um fast 20 Prozent.

Der Champagner floss, als die etwa Zwanzigjährigen in Jeans Transaktionen im Wert von 100 Millionen Dollar abschlossen. Zur Mittagszeit reichten die Warteschlangen für Sandwiches beim Metzger und Bäcker die Strasse hinunter. Man sah, wie junge englischsprachige Händler und Vermögensverwalter auf den örtlichen Fussballplätzen kickten. Ihre Präsenz blieb im Autohaus Wollerau, der lokalen Ferrari- und Porsche-Niederlassung, nicht unbemerkt. "Das waren Leute, die viel Geld verdienten", sagte Güngör Alci, der Eigentümer des Autohauses.

Die Party endete, nachdem die Märkte 2008 und 2009 zusammengebrochen waren. Die Man Group reduzierte ihre lokale Mitarbeiterzahl in etwa fünf Jahren von 550 auf 200, und Horizon 21 schrumpfte von 200 auf 10 Mitarbeiter, die das Vermögen des Gründers Rainer-Marc Frey und seiner Partner verwalteten. Lokale Vertreter sagen, dass die Steuereinnahmen sanken und rund 50.000 Quadratmeter Bürofläche leer stand.

Steuergelder in Anlageinstrumente investiert

Was es noch schlimmer machte, war, dass Freienbach Anteilsscheine an einem Horizon 21-Fonds erwarb. Im Juni 2008 steckten die Verantwortlichen Steuergelder in Höhe von 5 Millionen Franken (4,4 Millionen Euro) in ein Anlageinstrument des Unternehmens - und der Wert begann schnell zu sinken.

"Der schnellstmögliche Verkauf" des Horizon 21-Investments "ist die einzig richtige Lösung", schrieb das Bürgerforum auf seiner Website, "sofern denn wirklich noch ein Rest übrig geblieben ist." Als die Stadt ein Jahr später ausstieg, war das Investment nur noch 3,3 Millionen Franken wert, sagte die Gruppe.

Inzwischen ist ein etwas geschrumpfter Finanzsektor nach Pfäffikon zurückgekehrt. Der Hedgefonds Stone Milliner hat dort 2016 einen Aussenposten eröffnet. Im September verliess der Makrofonds EDL Capital seine Büros in Mayfair in London, um neben dem Bahnhof von Pfäffikon mit dem Bau eines Büros zu beginnen. Und im vergangenen Jahr hat Herens Quality Asset Management 16 Mitarbeiter von der anderen Seite des Sees versetzt. Immer noch freut sich der Ort über fast jeden neuen Arbeitgeber, aber es wird nicht wirklich viel getan, um Hedgefonds zu umwerben, wie es einmal der Fall war.

"Mit dem Brexit verzeichnen wir mehr Anfragen", sagte Adrian Gattiker, Immobilienentwickler in Pfäffikon. "Finanzunternehmen denken darüber nach umzuziehen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt stellen sie hauptsächlich Fragen und prüfen die Kosten."

(Bloomberg)