"Die Schweiz konnte schon lange nicht mehr auf so viel Goodwill in einer amerikanischen Regierung zählen", sagte Naville. US-Aussenminister Mike Pompeo habe die Schweiz besucht, US-Handelsminister Wilbur Ross habe sich am Weltwirtschaftsforum in Davos "extrem positiv" zur Schweiz geäussert. Und Präsident Donald Trump habe vergangenes Jahr Bundesrat Ueli Maurer ins Weisse Haus eingeladen.

"Die Schweiz steht jedoch nicht zuoberst auf der Liste, wir sind ein kleines Land", so Naville. Ein Deal würde für amerikanische Arbeiter und Bauern nicht viel ändern. Aber falls Trump weitere vier Jahr regieren könnte, und sich die Lage in der Covid-19-Pandemie beruhige, könne ein Freihandelsdeal wieder möglich werden.

Falls Joe Biden US-Präsident werde, würde sich nach Meinung von Naville die Tonalität verändern, und "gewisse Steuern würden massiv steigen". Auch beim Umweltschutz dürfte Biden eine andere Politik verfolgen.

"Die Schweiz hatte unter den Präsidenten Clinton, Bush, Obama und Trump ein ausgezeichnetes Verhältnis zu den USA", sagte Naville. Und sie hätte auch unter einem Präsidenten Biden ein ausgezeichnetes Wirtschaftsverhältnis mit Amerika. Die Chancen für einen Freihandelsdeal wären laut Naville unter Biden allerdings kleiner als unter Trump.

Wirtschaftsbedeutung der Schweiz zu klein

Falls die USA die Schweiz als Währungsmanipulator einstufen würden, hätte das nach Ansicht von Naville keine direkten Konsequenzen. "Die Schweiz war ja schon viele Jahre auf dieser 'Watchlist'", sagte er.

Auf der amerikanischen Seite sei "das Verständnis gross, dass das Wirtschaftsverhältnis ausgeglichen" sei. Die Schweiz verfüge über einen grossen Überschuss bei den Warenexporten. Die USA ihrerseits hätten ein grosses Plus bei den Dienstleistungen. "Wenn nicht eine sehr negative Entwicklung dazukommt, wird sich die Beziehung zwischen den beiden Ländern nicht gross verändern", meinte Naville.

Aus amerikanischer Sicht spiele der Umstand, dass die Schweiz gegenüber den USA einen Handelsbilanzüberschuss habe, überhaupt keine Rolle. Die wirtschaftliche Bedeutung der Schweiz sei zu klein.

Nach Einschätzung einer UBS-Analyse wird das US-Finanzministerium die Schweiz womöglich als Währungsmanipulator einstufen. Grund dafür ist vor allem, dass die Schweizerische Nationalbank Milliarden von Euro und anderen Währungen kauft, um eine Aufwertung des Frankens zu verhindern. Die USA werfen der Schweiz vor, sich damit einen unfairen Handelsvorteil zu verschaffen.

(AWP)