cash: Herr Meierhans, wie oft haben sich Herr und Frau Schweizer dieses Jahr beim Preisüberwacher über zu hohe Preise beklagt?

Stefan Meierhans: Bis Ende Jahr rechne ich mit rund 2000 Preisanzeigen. Das ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr, als ich mit 2800 Anzeigen vor allem wegen der Frankenstärke so viele Meldungen wie noch nie erhalten hatte. Innerhalb vor zehn Jahren hat sich die Zahl der Anzeigen aber mehr als verdoppelt.

Was wurde 2013 am meisten beanstandet?

Die meisten Anzeigen betreffen nach wie vor die Preise im Service Public. Dazu gehören vor allem die Post, der öffentliche Verkehr sowie die Telekommunikation. Auffällig ist, dass jedes Jahr nach den Sommerferien die Klagen über die hohen Roaming-Gebühren wieder zunehmen.

Swisscom senkt fortlaufend die Roaming-Gebühren. Auf den 1. Dezember sind die Preise weiterer Länder gestutzt worden. Diese Entwicklung sollte doch in Ihrem Sinne sein?

Es ist ein guter Schritt, aber noch nicht genug. In der Schweiz liegt das Gesamtvolumen des Roaming bei 857 Millionen Franken. Das ist weiterhin viel zu viel. Die Europäische Union hat festgestellt, dass bei den Roaming-Gebühren der Wettbewerb nicht spielt. In dieser Sache habe ich deshalb bereits mehrere Vorschläge gemacht. Mein jüngster Vorschlag ging in die Richtung, dass man Roaming-Pakete separat kaufen kann. Ein abgetrennter Roaming-Markt würde die Preise deutlich senken.

Ein weiteres Thema, das die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten seit zwei Jahren beschäftigt, ist die Hochpreisinsel Schweiz. Hat das Preisniveau inzwischen genug stark korrigiert?

Bei einzelnen Produkten gab es Preissenkungen im zweistelligen Bereich dank dem offenen Markt und den zugelassenen Parallelimporten. Ich denke da beispielsweise an die Autos. Stossend sind für mich aber noch immer Hemmnisse wie bei den PKW-Zulassungen. Kleinere Autohändler müssen jedes einzelne Auto vorführen, obwohl diese eine europäische Zulassung haben. Das Gleiche gilt auch für CO²-Abgaben. Das macht den Wettbewerb wieder kaputt, weil Markenhändler dank einer Mischrechnung bevorteilt sind.

Werden die Preise 2014 weiter sinken?

Ich bin kein Prophet. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen aber, dass das allgemeine Preisniveau fortlaufend gesunken ist, vor allem bei Importprodukten. Das hat sich in einigen Bereichen bewahrheitet, aber nicht überall nach Wunsch.

Die höheren Kosten in der Schweiz werden regelmässig als Grund für höhere Preise angeführt. Wie stichhaltig ist das?

Da muss ich ein grosses Fragezeichen machen. Es stimmt, dass für den Detailhandel höhere Mietkosten als im Ausland zu Buche schlagen. Es gibt aber auch Faktoren, die tiefer sind als im Ausland wie beispielsweise Zins- oder Steuerkosten. Zudem wird in der Schweiz über 42 Stunden gearbeitet - bei vier Wochen Ferien. Vergleichen Sie mal mit Frankreich! Das würde auch für eine Tiefpreisinsel Schweiz sprechen. Diesen Argumenten gehen wir im zweiten Bericht über die Frankenstärke vertieft nach, der voraussichtlich im April 2014 erscheinen wird.

Wo besteht der grösste Handlungsbedarf?

Zum Beispiel bei der Bekleidungsindustrie. Die grossen internationalen Ketten wie H&M und Zara schöpfen weiterhin die Kaufkraft der Schweizerinnen und Schweizer ab. Das Argument der höheren Kosten in der Schweiz zieht gerade hier nicht. Kleider werden wie Elektronik in Asien hergestellt, und elektronische Geräte sind bei uns im Schnitt knapp zehn Prozent günstiger als im Ausland.

Die überteuerten ausländischen Zeitschriften stehen bei Ihnen schon lange auf der Agenda, geändert hat sich noch nichts. Ist das nicht frustrierend?

Ja. Es ist stossend, dass ausländische Zeitschriften doppelt privilegiert sind. Einerseits garantieren Valora und Naville den exklusiven Vertrieb in der Schweiz, zusätzlich legen ausländische Verlage den Verkaufspreis verbindlich fest. Das ist aus meiner Sicht alleine schon kartellrechtlich sehr fragwürdig.

Wie wollen Sie weiterhin dagegen vorgehen?

Ich möchte das Zeitschriften-Problem über die laufende Revision des Kartellgesetzes regeln. Der Wirtschaftskommission des Nationalrats habe ich bereits einen Vorschlag gemacht. Immerhin hat der Druck aus der Schweiz dazu geführt, dass trotz Preiserhöhungen für Zeitschriften im Ausland die Preise in der Schweiz stabil geblieben sind.

Bei der Gebührensenkung am Flughafen Zürich konnten Sie sich mit Ihren Vorschlägen nicht in allen Punkten durchsetzen. Ein Teilsieg oder eine Niederlage?

Ein Teilsieg. Es sind teilweise meine Empfehlungen berücksichtigt worden, und die Flughafengebühren werden weiterhin ein grosses Thema bleiben. Selbst Bundesrätin Doris Leuthard hat verlauten lassen, dass die entsprechende Verordnung Flughafen-freundlich sei. Ich hoffe, dass die Flughafenverordnung noch deutlicher zugunsten der Flugpassagiere geändert wird und dass das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen ist.

Was bereitet dem Preisüberwacher die grössten Sorgenfalten?

Ganz klar die Initiativen, die in der Agrarwirtschaft auf dem Programm stehen. Sowohl die SVP mit der Gruppe Joder als auch der Bauernverband zielen darauf ab, die Selbstversorgung mit inländischen Lebensmitteln zu stärken. Auch die Grünen haben in diesem Bereich Pläne. Das bedeutet schliesslich sowohl für Konsumenten, Tourismus und Hotellerie höhere Preise. Zu hinterfragen sind ebenfalls die grundsätzlichen Governance-Probleme, die ich immer wieder beim Service Public sehe. Bei den öffentlichen Spitälern oder auch beim Flughafen Zürich sind Kantone und Gemeinden zugleich Besitzer und Gesetzgeber, bei der Swisscom hat der Bund eine grosse Beteiligung und weigert sich gleichzeitig, das Fernmeldegesetz zu ändern. Diese Interessenskonflikte muss man lösen.

Stefan Meierhans (44) ist seit Oktober 2008 Schweizer Preisüberwacher. Er lebt mit seiner Familie in Bern. 

Im Video-Interview äussert sich Meierhans zu seinen Tops und Flops in diesem Jahr.