In der Main-Metropole waren die Angebotsmieten in den vergangenen zehn Jahren einigen Statistiken zufolge bereits um die Hälfte gestiegen. Jetzt kommen wohl tausende Banker in die Stadt und suchen eine Unterkunft. Experten befürchten nicht zuletzt deshalb weiter steigende Mieten.

„In Frankfurt gibt es praktisch keinen Leerstand und zugleich ein gigantisches Bevölkerungswachstum“, sagt Stefan Mitropoulos, Leiter der Konjunktur- und Immobilienanalyse bei der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale, im Interview mit Bloomberg. „Zuletzt sind pro Jahr im Schnitt rund 15.000 Menschen nach Frankfurt gezogen. Jetzt kommen noch ein paar tausend Banker dazu. Das wird den Druck auf die Mieten weiter erhöhen.“

Das deckt sich mit Einschätzungen des Immobiliendienstleisters Jones Lang LaSalle SE (JLL). Allein im ersten Halbjahr 2017 stiegen die Angebotsmieten in Frankfurt seinen Angaben zufolge auf Jahressicht um 3,2 Prozent auf 13,70 Euro je Quadratmeter. Seit Beginn der Aufwärtsbewegung 2006 sei es um fast die Hälfte nach oben gegangen, oder um rund 3,8 Prozent pro Jahr.

JLL ist in einer Modellrechnung der Frage nachgegangen, was passiert, wenn 8000 Banker innerhalb eines Jahres nach Frankfurt kommen, alle in der Stadt wohnen und alle mieten statt zu kaufen – also 8000 Wohnungen für 1-Personen-Haushalte nachgefragt werden. „Das Ergebnis: Die Mieten würden allein auf Grund dieses Effektes um 3 Prozent in der Stadt insgesamt anziehen“, erklärt Helge Scheunemann, Chef für Research Deutschland bei JLL.

Banker erhöhen Bevölkerungszahl

Bei der Stadtverwaltung ist man sich der Probleme bewusst. Mark Gellert, Sprecher des Wohnungsdezernats der Stadt Frankfurt, sagt: "Unserer Bevölkerungsvorausberechnung zufolge dürfte die Anzahl der Einwohner in Frankfurt im Jahr 2027 die Marke von 800.000 durchbrechen, verglichen mit 736.000 zur Jahresmitte 2017. Auch der Zuzug von Bankern spielt dabei eine Rolle.“

Zahlreiche Finanzdienstleister wollen Aktivitäten von London nach Frankfurt deshalb verlagern, weil Grossbritannien vor einem Austritt aus der Europäischen Union steht. Das wahrscheinlichste Brexit-Szenario der Deutsche Bank AG beispielsweise sieht vor, dass rund 4000 Arbeitsplätze über mehrere Jahre hinweg aus Grossbritannien nach Kontinentaleuropa verlagert werden, hatte Bloomberg Anfang August unter Berufung auf unterrichtete Kreise berichtet.

Die Nachfrage aus der Finanzbranche wird sich wohl aber nicht auf alle Segmente des Mietmarktes gleich auswirken. „Mikro-Apartments, Ein- und Zweizimmerwohnungen bis 70 Quadratmeter und möblierte Apartments dürften besonders gefragt sein“, sagt Jan Ludwig, Teamleader Residential Investment in Frankfurt bei der Immobilienfirma Colliers International Group Inc. "Banker siedeln vielleicht nicht gleich mit ihrer gesamten Familie nach Frankfurt um und sind selbst nur unter der Woche vor Ort.“

Verdrängung schwächerer Einkommensschichten

Martin Bernemann, Geschäftsführer des Frankfurter Vermittlers City-Residence GmbH, beobachtet bereits einen Aufwärtstrend. „Im Moment gewinnt das Geschäft mit möblierten Wohnungen, die für Monate oder Jahre gemietet werden können, im Vergleich zum Vorjahr an Fahrt. Die Anfragen sind um die 15 Prozent gestiegen. Als direkte Folge des Brexit rechnen wir mit der ersten grösseren Welle an Anfragen für Ende Winter“, sagt er. Er berichtet von Nachrichten aus Relocation-Agenturen und Voranfragen betroffener Banken.

Laut Mitropoulos von der Helaba könnte es letztlich zu einer Verdrängung auf dem Frankfurter Mietmarkt kommen: „Schwächere Einkommensschichten, die sich die Mieten in Frankfurt nicht mehr leisten können, weichen möglicherweise ins Umland aus“.

Vor diesem Hintergrund schlagen Mieterschützer schon jetzt Alarm. Bei den Bankern „handelt sich um keine heterogene Gruppe. Es handelt sich um Menschen, die sich hohe Mieten leisten können. Das wird dafür sorgen, dass das Mietniveau insgesamt steigt“, meint Rolf Janssen, Geschäftsführer des DMB Mieterschutzverein Frankfurt am Main e.V. „Politiker müssen diese Entwicklung sehen und Gegenmassnahmen ergreifen.“

(Bloomberg)