Es gebe Bedarf an weiteren Schritten beim Marktzugang, der Reziprozität und der Gleichbehandlung ausländischer Firmen in China, teilte ein Regierungssprecher am Donnerstag nach einer Videoschalte Merkels mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang mit. Der Abschluss eines ambitionierten Investitionsabkommens zwischen der EU und China sei dabei ein wichtiges Element. China strebe ebenfalls einen Abschluss an, habe Li betont, heisst es in einer von der chinesischen Agentur Xinhua verbreiteten Zusammenfassung der Videoschalte.

Die Darstellung des Gesprächs weicht in der knappen deutschen und ausführlichen chinesischen Version voneinander ab. Li habe angeboten, dass China sich weiter für ausländische Firmen öffnen wolle, hiess es bei Xinhua. Mit Deutschland solle der bevorzugte Sonderweg etwa zur Rückkehr von Managern zur Wiederankurbelung der Wirtschaft ausgebaut werden. Ziel müssten auch gemeinsame Anstrengungen für die Sicherheit und Stabilität von Lieferketten sein. Deutschland und die EU hatten indes zuletzt angekündigt, sie strebten etwa bei der Produktion von Medizingütern eine grössere europäische Unabhängigkeit von Ländern wie China an. Ausdrücklich habe Li unterstrichen, dass China grosses Interesse an einer stabilen EU habe, so Xinhua.

"China ist bereit, das gegenseitige politische und strategische Vertrauen mit Deutschland auf der Grundlage gegenseitigen Respekts, Gleichheit und gegenseitigem Nutzen auszubauen", sagte Li nach Angaben der Agentur weiter. Er habe die grosse Bedeutung der bilateralen Beziehungen unterstrichen. Man wolle eine Kooperation in Feldern wie der Wirtschaft, Handel, Investitionen und Technologie.

China und Deutschland unterstützten eine multilaterale Politik

Merkel und Li hätten zudem die Anti-Corona-Massnahmen der jeweils anderen Seite gewürdigt, hiess es von chinesischer Seite. Die Kanzlerin habe dabei Chinas Bereitschaft gewürdigt, Corona-Impfstoff auch für andere Staaten bereitzustellen. Beide Länder sollten etwa bei der Forschung im Gesundheitsbereich enger zusammenarbeiten. Sowohl China als auch Deutschland unterstützten eine multilaterale Politik.

Merkel und Li nahmen virtuell an der Unterzeichnung von drei Abkommen teil, bei denen es zum einen um eine fortgesetzte Managerausbildung sowie zum anderen um Projekte von VW und Siemens ging. Der deutsche Energiekonzern Siemens unterzeichnete dem Vernehmen dabei nach einen Vertrag für ein Gasturbinenprojekt in China.

Von deutscher Seite wurde nach dem Gespräch betont, man habe neben der Corona-Pandemie auch über den deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialog, die Situation in Hongkong, Investitions- und Handelsfragen in verschiedenen Wirtschaftssektoren sowie die Debatte über öffentliche Aufträge in China gesprochen.

Die Bundesregierung hatte vergangene Woche in Absprache mit EU-Ratspräsident Charles Michel und Peking den geplanten EU-China-Gipfel am 14. September in Leipzig abgesagt. Offiziell war dafür als Grund die Pandemie genannt worden. Man sei auf europäischer Seite aber auch unzufrieden mit mangelnden Fortschritten in den Verhandlungen zum Investitionsschutzabkommen, erfuhr die Reuters am Donnerstag aus Regierungskreisen. Streitpunkt ist vor allem, dass die EU auf eine weitgehende Marktöffnung in China pocht und sicherstellen will, dass subventionierte chinesische Staatsbetriebe nicht für eine Wettbewerbsverzerrung sorgen.

(Reuters)