Der russische Föderationsrat votierte am Dienstagabend einstimmig für eine Truppeneinsatz in der Ostukraine. Präsident Wladimir Putin bestimme die Zahl der Soldaten und die Dauer der Stationierung "im Ausland", hiess es.Zuvor hatte sich Putin an den Föderationsrat mit einem Antrag gewandt, "über den Einsatz russischer Streitkräfte ausserhalb des Gebietes der Russischen Föderation" zu beraten, wie die Vorsitzende Valentina Matwijenko sagte.

Mit Blick auf die nun von Moskau anerkannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk sagte Russlands Vize-Verteidigungsminister Nikolai Pankow während der Sitzung: "Wir müssen die Bürger dieser jungen Staaten beschützen." Zudem warf er der Ukraine vor, rund 60'000 Soldaten an der Kontaktlinie zu den Separatistengebieten zusammen gezogen zu haben.

Am Mittag hatte das Unterhaus des Parlaments, die Staatsduma, die Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine als unabhängige Staaten ratifiziert. Die Abgeordneten unterstützten einstimmig die Verträge über "Freundschaft und Beistand" mit den prorussischen Separatistengebieten. Putin unterzeichnete das Gesetz am Abend.

US-Regierung: «Anfang einer Invasion»

Die US-Regierung hat Moskaus Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk und die geplante Entsendung russischer Truppen in die ostukrainischen Gebiete als "Anfang einer Invasion" bezeichnet. Die USA stünden bereit, mit zusätzlichen Sanktionen und Gegenmassnahmen zu reagieren, je mehr sich Russland in Richtung eines Einmarsches in die Ukraine bewege, sagte US-Präsident Joe Bidens stellvertretender Nationaler Sicherheitsberater Jon Finer am Dienstag dem TV-Sender CNN.

"Eine Invasion ist eine Invasion, und das ist es, was hier passiert. Aber Russland ist schon seit 2014 in die Ukraine einmarschiert", sagte er. Auf Nachfrage der CNN-Reporterin, wieso er Russlands jüngste Handlungen nicht uneingeschränkt als "Invasion" bezeichne, sagte Finer, er könne es nicht viel deutlicher sagen. "Das ist der Anfang einer Invasion."

Die US-Regierung will demnach noch am Dienstag weitere Strafmassnahmen gegen Russland bekanntgeben. Die USA hatten Russland im Falle eines Einmarsches in die Ukraine immer wieder mit massiven Sanktionen gedroht.

«Herzlich willkommen in der neuen Welt»

Nach dem Stopp des Genehmigungsverfahrens für die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 droht Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew mit deutlich steigenden Gaspreisen in Europa. "Nun gut, herzlich willkommen in der neuen Welt, in der die Europäer bald 2000 Euro pro 1000 Kubikmeter Gas zahlen", schrieb der stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrats am Dienstag bei Twitter in verschiedenen Sprachen.

Er sagte nicht, ob sich seine Angaben auf den Preis auf dem Spotmarkt beziehen oder ob Russland möglicherweise seine Tarife für langfristige Verträge anziehen möchte.

Auch unter dem Eindruck der Krise zwischen der Rohstoffgrossmacht Russland und dem Westen sind die Preise an den Spotmärkten in den vergangenen Monaten gestiegen. Am Dienstag lag der Preis für 1000 Kubikmeter Gas bei 940 US-Dollar-Marke (umgerechnet 828 Euro), wie die russische Staatsagentur Tass meldete.

Vorerst keine Schweizer Sanktionen

Die Schweiz ergreift vorerst keine Sanktionen gegen Russland wegen der Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Mit grosser Sorge beobachtet sie aber die Gefahr einer allfälligen militärischen Auseinandersetzung, wie Staatssekretärin Livia Leu am Dienstag vor den Medien in Bern sagte.

Durch die Truppenverlegung in die beiden ukrainischen Landesteile habe Russland die Integrität und Souveränität dieses Landes verletzt. Die Schweiz anerkenne die beiden selbsternannten Volksrepubliken nicht, sagte die Chefdiplomatin im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA).

Diese Gebiete gehörten weiterhin zur Ukraine. Im übrigen verletzten die Schritte Russlands das Minsker Abkommen. Nach Angaben Leus wurde Russlands Botschafter am Dienstag ins Aussenministerium bestellt und über diese Haltung informiert.

Der Bundesrat schliesst sich gemäss Leu den Sanktionen von EU und USA nicht an. Sobald die EU neue Sanktionen konkretisiert, werde die Landesregierung unter Berücksichtigung wirtschaftlicher, rechtlicher und humanitärer Gesichtspunkte eine Analyse vornehmen. Die Ukraine ist gemäss Leu ein Thema an der Bundesratssitzung vom Mittwoch.

Die Staatssekretärin führte weiter aus, die Schweiz ergreife zwar aktuell keine Sanktionen. Gemäss einer Regelung von 2014 sind aber Massnahmen in Kraft, die verhindern, dass Sanktionen mit dem Umweg über die Schweiz umgangen werden.

(AWP)