Gesucht wurde eine Frau, die Deutschland im Führungskreis der Hüter des Euro angemessen repräsentiert: "Auch durch den Respekt, den diese Person geniesst", wie es der Finanzminister formulierte. Vor diesem Hintergrund ist es keine Überraschung, dass seine Wahl auf die Bonner Professorin für Finanzmarktökonomie gefallen ist.

Der Lebenslauf der 48-jährige Wissenschaftlerin weist unter anderem Stationen an den US-Eliteuniversitäten Berkeley und Harvard sowie an der Pariser Sorbonne auf. Hinzu kommen Forschungsaufenthalte an der renommierten London School of Economics und beim Internationalen Währungsfonds. Seit 2014 sitzt sie auch im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der die Bundesregierung berät.

Ein Jahr später übernahm sie die Professur an der Universität Bonn, nachdem sie zuvor in Mainz gelehrt hatte. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Bankenregulierung und Finanzkrisen. Die Wissenschaftlerin, die zu den einflussreichsten Vertretern der deutschen Ökonomenzunft gezählt wird, sitzt nicht im Elfenbeinturm, sondern erhebt ihre Stimme auch immer wieder in den Online-Medien.

Kritik an EZB-Kurs

Sollte Schnabel in das Direktorium der Zentralbank einrücken, wird sie neben der künftigen EZB-Chefin Christine Lagarde das zweite weibliche Mitglied im Führungskreis der Notenbank sein. Bislang war die scheidende EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger dort die einzige Frau. Wie Lautenschläger hat auch Schnabel den geldpolitischen Lockerungskurs der EZB offen kritisiert: "Es ist zweifelhaft, dass es so gelingen wird, die Inflationsrate im Euro-Raum in die Nähe von zwei Prozent zu bringen", erklärte sie. "Gleichzeitig steigen die Risiken für die Finanzstabilität weiter."

Bisweilen bricht die gebürtige Dortmunderin jedoch auch eine Lanze für die Hüter des Euro. "In Deutschland wird die EZB ständig zum Sündenbock gemacht", bemängelte sie im "Handelsblatt". Zudem äusserte sie sich auf Twitter "bekümmert" darüber, dass die liberale Vizepräsidentin des Europa-Parlaments, Nicola Beer (FDP), anlässlich der Anhörung Lagardes in Brüssel von einer Enteignung der Sparer durch die EZB gesprochen und die Geldpolitik als "zu freigiebig" kritisiert hatte. Schnabel mahnte anschliessend, es gelte die Unabhängigkeit der EZB zu respektieren.

(Reuters)