So etwa nahm Mitte-Präsident Gerhard Pfister (ZG) die aufgekommene Diskussion über Probleme bei der Versorgungssicherheit u.a. wegen eines fehlenden Stromabkommens mit der EU zum Anlass, seine Idee in den Zeitungen von CH-Media zu lancieren. Er schlug eine Strom-Neat vor, also einer Art Strom-Alpentransversale, wie sie die Schweiz bereits für die Eisenbahn gebaut hatte.

Gemäss Pfister soll die Schweiz mit dieser Vorleistung der EU ihren guten Willen zeigen. Er gibt sich überzeugt, dass die EU "den Strom sicher durch ganz Europa transportieren" will, und es für sie nicht attraktiv ist, "sich um die Schweiz herum zu organisieren".

Die institutionellen Fragen könnten dann in dem Stromabkommen selbst gestaltet werden. Pfister verweist hierbei auf Mitte-Ständerat Benedikt Würth (SG). Dieser verlangte in einem Vorstoss, "den Streitschlichtungsmechanismus sowie die Regelung zu den staatlichen Beihilfen aus dem gescheiterten institutionellen Rahmenabkommen in einem spezifischen Stromabkommen zu implementieren".

Kohäsionszahlungen

Ein Vorschlag von FDP-Politiker Hans-Peter Portmann geht in die gleiche Richtung. Auch er möchte die institutionellen Fragen in den einzelnen Abkommen geregelt haben. Einen entsprechenden Antrag hat er bereits zur Diskussion der aussenpolitischen Kommission (APK-N) eingereicht.

Portmann will jedoch zusätzlich auch die Kohäsionszahlungen sektoriell regeln - als themenbezogener, finanzieller Beitrag der Schweiz an die EU. Die Höhe dieser "Teilkohäsionszahlungen" würde sich am Nutzen der Schweizer Teilnahme am EU-Binnenmarkt orientieren. Dies könnte in Zukunft auch bedeuten, dass die EU der Schweiz einen Beitrag zahlen müsse, sagte Portmann zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit Verweis auf die Neat.

Einen weiteren Vorteil sieht er zudem darin, dass ein für die Schweiz dringliches Abkommen mit einem wichtigen Abkommen für die EU verknüpft werden könnte - etwa Strom mit Personenfreizügigkeit. "Das gibt viel eher die Möglichkeit, Kompromisse zu finden." Doch auch die Schweiz werde ein paar Kröten schlucken müssen.

Mit der Idee, die institutionelle Fragen sektoriell zu regeln, liegt Portmann auf der Linie seiner Partei. FDP-Parteipräsident Thierry Burkart präzisierte kürzlich in der "Neuen Zürcher Zeitung" wie er sich das vorstellt.

In Sektoren, in denen die "Souveränitätsfragen" weniger relevant seien, könne eine dynamische Rechtsübernahme erfolgen, so Burkart. Nicht aber bei strittige Punkte wie die Unionsbürgerrichtlinie. Im Gegenzug soll die EU die Möglichkeit erhalten, Rechte, welche die Schweiz EU-Bürgern und -Bürgerinnen vorenthält, Schweizerinnen und Schweizer auch zu verweigern. Auch schloss Burkart regelmässige Kohäsionszahlungen am Samstag gegenüber Radio SRF nicht aus.

Neue Volksinitiative

Das alles ist Operation Libero zu wenig handfest: Zusammen mit den den Grünen kündigte die politische Bewegung vor rund einer Woche eine Volksinitiative an.

"Wir wollen die europapolitische Blockade mit einer Initiative durchbrechen", sagte Grünen-Präsident Balthasar Glättli gegenüber der "SonntagsZeitung", die als erste darüber berichtete. Gemäss Co-Operation-Libero-Präsidentin Sanija Ameti kann nur eine Initiative den Bundesrat zwingen, europapolitisch vorwärts zu machen.

Konkret soll der Bundesrat gezwungen werden, in wichtigen Dossiers mit der EU eine Lösung zu finden - inklusive einer technischen Lösung der institutionellen Fragen. Spätestens drei Jahre nach Annahme der Initiative muss der Bundesrat das Resultat seiner Verhandlungen mit der EU dem Parlament und dem Volk vorlegen.

Forderung nach Bilaterale III

Michael Ambühl, ehemaliger Schweizer Spitzendiplomat, plädiert hingegen für ein "Bilaterale III"-Paket. Dazu hat er mit seiner Mit-Dozentin Daniela Scherer an der ETH Zürich einen Plan B in drei Etappen entwickelt, den Scherer im August im Schweizer Radio SRF vorstellte.

Zuerst soll demnach Goodwill geschaffen werden - etwa mit der Kohäsionszahlung. Als nächstes soll der Bundesrat eine politisch breit abgestützte Erklärung zur Europa-Politik formulieren. Dann soll ein "Bilaterale-III"-Paket ausgearbeitet und verhandelt werden.

Darin solle sich die Schweiz mit der EU auf die Übernahme von EU-Recht einigen. Strittige Themen sollen vorerst ausgeklammert bleiben. Im Streitfall soll ein paritätisch zusammengesetztes Schiedsgericht nur über die Verhältnismässigkeit von Strafmassnahmen entscheiden, ohne Anhörung des EU-Gerichtshofs.

Erste Andeutungen, ob überhaupt einer dieser Vorschläge in Brüssel eine Chance hat, könnte der 15. November bringen: Dann trifft Bundesrat Ignazio Cassis den neuen Schweiz-Beauftragen der EU-Kommission Maros Sefcovic.

(AWP)