Doch darüber, wie es mit dem institutionellen Rahmenabkommen weiter geht, ist man sich uneins. SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (BL) bezeichnete das Resultat als "historisch" und sieht darin eine Konsolidierung des bilateralen Weges. Laut Nationalrätin Franziska Ryser (Grüne/SG) hat die Mehrheit der Bevölkerung "einen isolationistischen Weg nicht unterstützt".

Die Schweizer Bevölkerung sei nicht bereit, "ein solches Experiment in global so unsicheren Zeiten zu wagen", fügte CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (BL) an. Laut dem Schweizerischen Gewerbeverband (sgv) ist gerade für KMU die Personenfreizügigkeit wichtig.

"Das Resultat zeigt ausserdem, dass auch die Jungen gegen die Initiative waren", sagte Hans-Peter Portmann (FDP/ZH). Sie wollten ein gutes Verhältnis zur Europäischen Union. Vom Tisch sei damit auch "die Kündigung der bilateralen Verträge, zu der eine Annahme der Initiative zwangsläufig geführt hätte", schrieb der Schweizerische Arbeitgeberverband in einer Mitteilung.

SVP gibt sich kämpferisch

Trotz ihrer Niederlage gab sich die Initiantin der Begrenzungsinitiative kämpferisch. Probleme wie Dichtestress und Arbeitslosigkeit würden weiter bestehen bleiben, sagte SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG).

Für Lukas Reimann, SVP-Nationalrat (SG) und Präsident der Aktion für eine unabhängige Schweiz (Auns), hat das Volk zwischen guten Beziehungen zur EU einerseits und Einwanderung sowie einer 10-Millionen-Schweiz anderseits wählen müssen und sich für ersteres entschieden. Einzeln würden jedoch beide Anliegen eine Mehrheit finden, gab sich Reimann überzeugt.

SVP-Präsident Marco Chiesa geht davon aus, dass die Corona-Pandemie sowie die wirtschaftlichen Folgen das Abstimmungsresultat beeinflusst haben. Die SVP werde nun gegen das Rahmenabkommen kämpfen, "mit dem wir unsere Souveränität verlieren werden".

Streit um Rahmenabkommen

So warnte denn auch SP-Nationalrat Nussbaumer vor falschen Schlussfolgerungen. Die deutliche Ablehnung der Initiative sei nicht automatisch als Ja zum Rahmenabkommen.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) machte in Anspielung auf das Rahmenabkommen klar, dass er "einen Abbau des Lohnschutzes und der damit verbundenen Verschlechterungen" nicht akzeptieren werde. Das Nein zur BGI sei nämlich ein Ja zur Personenfreizügigkeit mit einem starken Lohnschutz.

Auch Schneider-Schneiter machte deutlich, dass für die CVP das Rahmenabkommen aktuell nicht mehrheitsfähig sei. Die Grünliberale Partei verlangt ihrerseits vom Bundesrat mit einer Motion, "dass er das Rahmenabkommen bis Ende Jahr dem Parlament zur Beratung übergibt", wie sie in einer Mitteilung schreibt.

Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer forderte, dass der Bundesrat gegenüber der EU nun klar kommunizieren müsse, welche Anpassungen er bei den offenen Punkten im Rahmenabkommen wolle. "Er muss nun zügig Gespräche mit der EU führen." Tue er das nicht, so FDP-Nationalrat Portmann, "verliert er jegliche Glaubwürdigkeit".

Reaktion aus der EU

Auch in der EU wurde das Abstimmungsresultat zur Kenntnis genommen. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni kommentierte das Abstimmungsresultat zur BGI auf Twitter mit den Worten dies sei ein "schöner demokratischer und europäischer Sonntag".

Andreas Schwab, Vorsitzender der Schweiz-Delegation im EU-Parlament, begrüsste die Ablehnung der Begrenzungsinitiative (BGI) und wünscht sich nun "eine zeitnahe Unterzeichnung" des institutionellen Rahmenabkommens durch die Schweizer Regierung.

(AWP)