Die Stadtregierung hatte ihnen vorgeschlagen, das Protestcamp um etwa 200 Meter auf den Waisenhausplatz oder auf die Kleine Schanze zu verlegen. Das komme nicht in Frage, beschieden die Aktivisten dem Gemeinderat nach Ablauf des Ultimatums am Dienstag um 12 Uhr. Sie wollten die ganze Woche auf dem Bundesplatz bleiben.

Die Stadtregierung traf sich am Nachmittag zu einer ausserordentlichen Sitzung, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Der Nationalrat und beide Ratspräsidien hatten die Stadt Bern schon am Montag aufgefordert, gegen das Camp vorzugehen. Während der Sessionen gilt vor dem Bundeshaus seit 1925 ein allgemeines Kundgebungsverbot.

Dass die Stadt den Platz zwingend räumen muss, ist aber umstritten. Das städtische Kundgebungsreglement lasse dem Gemeinderat die Möglichkeit, auf eine Räumung zu verzichten, wenn sie ihm unverhältnismässig erscheine, teilten die Demokratischen Juristinnen und Juristen Bern (DJB) mit.

Tränengas in der Stadt

Auf dem Bundesplatz herrschte am Dienstagnachmittag eine friedliche, leicht angespannte Stimmung. In der Innenstadt waren zahlreiche Kastenwagen der Polizei zu sehen.

Die Polizei war zudem darauf bedacht, einem weiteren Demonstrationszug den Weg vors Bundeshaus zu versperren. Dabei setzte sie nach eigenen Angaben Tränengas ein.

Die Kundgebung richtete sich gegen den Umgang mit abgewiesenen Asylsuchenden. Die Demonstranten wollten sich offenbar mit den Klima-Aktivisten solidarisieren.

"Fatale Entscheidung"

Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) übte am Dienstag Kritik am Vorgehen der Klimabewegung. Dass sie sich "auf den Weg des zivilen Ungehorsams" begeben habe, sei eine fatale Entscheidung. Darunter leiden werde die Akzeptanz von Klimamassnahmen, sagte Nause am Rand einer Medienkonferenz der Stadt Bern.

Der Bundesplatz ist seit dem frühen Montagmorgen besetzt. Die Aktivisten mehrerer Klima-Organisationen hatten damit eine "Intensivwoche" unter dem Motto "Rise Up For Change" eingeläutet. Sie ernteten mit ihrer Aktion harte Kritik von bürgerlichen Politikern, aber auch Lob von Linken und Umweltverbänden.

In der Nacht zum Dienstag gaben sie zwar einen Teil des Platzes für den Wochenmarkt frei, der traditionell am Dienstagvormittag vor dem Bundeshaus stattfindet. Allerdings liessen sie die drei grossen Zelte stehen, ebenso die mobilen Toiletten und weitere Infrastruktur.

Die Marktfahrer machten keinen Hehl daraus, dass ihnen die Koexistenz mit dem Protestcamp wenig behagte. Einige von ihnen beklagten deutliche Umsatzeinbussen. Am Mittag zogen die Marktfahrer wie gewohnt ab und überliessen den Platz wieder den Klima-Aktivisten.

(AWP)