Trotz Demonstrationsverbot und Covid-19-Verordnung, die Versammlungen verbietet und einen Abstand von zwei Metern zwischen Personen fordert, versammelten sich am Samstag in vier Städten der Deutschschweiz einige hundert Gegnerinnen und Gegner des Lockdown zu unbewilligten Demonstrationen.

Keine Demonstrationen in der Romandie

In der Romandie hingegen blieben Demonstrationen aus. Eine Erklärung dafür dürfte laut dem Genfer Mediziner und Ethiker Bertrand Kiefer sein, dass in der Westschweiz fast jeder und jede Freunde oder Eltern habe, die an Covid-19 erkrankt oder verstorben seien.

Tatsächlich sind die Infiziertenzahlen in der Schweiz je nach Region sehr unterschiedlich. Während etwa in Genf 1000 von 100'000 Personen infiziert sind, sind es in Schaffhausen lediglich deren 95.

In Bern, St. Gallen, Zürich und Basel versuchte die Polizei am Samstag die Demonstrationen umgehend aufzulösen. Die Polizeien in Bern und St. Gallen sprachen in der Folge gegen die Demonstranten "mehrere Dutzend" Anzeigen aus, weil diese gegen das Versammlungsverbot verstiessen oder sich nicht an polizeiliche Anweisungen hielten, wie Polizeisprecher der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage sagten.

In Zürich und Basel verzichteten die Ordnungskräfte auf Wegweisungen oder Bussen. In diesem beiden Städten hatten sich am Samstagnachmittag je über hundert Menschen versammelt und gegen Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie demonstriert, die nach ihrer Ansicht gegen Grundrechte verstossen.

In Zürich löste sich die Kundgebung auf dem Sechseläutenplatz nach einer Aufforderung der Polizei von selber auf. In Basel, wo sich auf dem Marktplatz rund hundert Personen versammelt hatten, schritt die Polizei gar nicht ein. In St. Gallen löste die Stadtpolizei eine Aktion von rund 80 Personen auf.

Grosse Demonstration in Bern

Ungleich grösser war der Aufmarsch in Bern. Mehrere hundert Menschen demonstrieren in der Bundesstadt am Samstagnachmittag gegen die behördlichen Massnahmen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und forderten "mehr Eigenverantwortung".

Weil viele ältere Menschen, Familien und Kinder unter den Teilnehmenden waren, verzichtete die Polizei auf eine gewaltsame Auflösung der Demonstration. Der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause zeigte sich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA "irritiert" über das Verhalten der Demonstrierenden.

Aus epidemiologischer Sicht blute ihm das Herz, sagte Nause. Die Abstandsregel sei missachtet worden, Leute hätten sich umarmt und um die Vorschriften foutiert. Er gehe davon aus, dass es zu Neuansteckungen gekommen sei.

Bald 310'000 Tests durchgeführt

Insgesamt gibt es nach Angaben des BAG vom Sonntag in der Schweiz 30'305 laborbestätigte Fälle. Die Neuansteckungen unterliegen einer wöchentlichen Schwankung mit jeweils tieferen Zahlen am Wochenende.

Die Zahl der Todesfälle in Zusammenhang mit der Lungenkrankheit Covid-19 in allen Kantonen zusammen betrug nach einer Zählung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Sonntagnachmittag 1833. Keystone-SDA analysiert die auf den Internetseiten der Kantone vorliegenden offiziellen Daten und aktualisiert sie zweimal täglich, mittags und abends.

Das BAG gab die Zahl der Todesopfer mit 1538 an. Das Bundesamt bezieht sich auf die Meldungen, die die Laboratorien sowie Ärztinnen und Ärzte im Rahmen der Meldepflicht bis am Freitagmorgen übermittelt hatten. Bisher wurden insgesamt 309'595 Tests durchgeführt. Davon waren laut BAG 12 Prozent positiv.

Krankenkassen haben genügend Reserven

Die zusätzlichen Kosten durch die Corona-Pandemie stellen bisher für die Krankenkassen kein akutes Problem dar. Nach Angaben der beiden Krankenkassenverbände Santésuisse und Curafutura vom Sonntag verfügen die Schweizer Krankenkassen über genügend Reserven, um die Kosten der Corona-Pandemie zu übernehmen.

Die Kassen verfügten über Reserven von acht Milliarden Franken, mit denen sich Zusatzkosten der Corona-Krise finanzieren liessen, erklärte Santésuisse-Direktorin Verena Nold in einem Interview mit dem "SonntagsBlick".

Auch bei Curafutura hiess es auf Anfrage von Keystone-SDA, die Reserven seien gut geäufnet und stünden den Versicherten weiterhin für die Bezahlung von Leistungen zur Verfügung.

Uneinig sind sich die beiden Krankenkassenverbände darüber, wie stark sich die Gesundheitskosten in den letzten Monaten erhöht haben. Laut Nold sind von Januar bis März 2020 die Kosten im Schweizer Gesundheitswesen um fünf Prozent gestiegen. Das sei überdurchschnittlich. Im Schnitt der letzten 20 Jahren habe der Anstieg in diesem Zeitraum zwischen drei und vier Prozent betragen.

Einen Anstieg um 5 Prozent im ersten Quartal nicht bestätigen wollte hingegen Curafutura-Sprecher Ralph Kreuzer. Für eine seriöse Beurteilung eines Kostenschubs sei es noch entschieden zu früh im Jahr, sagte er. Der Rechnungseingang der Leistungserbringer sei noch nicht abgeschlossen. Ausserdem sei der März mitten in den Lockdown gefallen.

Laut Curafutura ist es auch noch viel zu früh, eine Prognose über die Prämienentwicklung im kommenden Jahr zu wagen. "Solange wir kein verlässliches Gesamtbild der laufenden Kosten haben, ist es fahrlässig hierzu Aussagen zu machen", sagte Kreuzer.

Tausend Putzkräfte in Zügen und Bahnhöfen unterwegs

Mit der Wiederaufnahme des Fahrplans am Montag verstärken die SBB die Reinigung von Zügen und Bahnhöfen. In den Zügen werden gegen tausend Putzkräfte im Einsatz stehen. Sie sollen gewisse Züge auch während des Betriebs reinigen.

In den Bahnhöfen kümmern sich die Reinigungsteams verstärkt um die Desinfektion der Kontaktflächen wie Armlehnen, Handläufe und Automaten. Diese würden sechsmal am Tag gereinigt statt wie bisher dreimal, erklärte ein SBB-Sprecher auf Anfrage von Keystone-SDA.

(AWP)