Im März war die Teuerung vor allem wegen der anziehenden Preise für Energie bereits auf 7,3 Prozent geklettert und damit auf den höchsten Wert seit Herbst 1981. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nun für April bisher mit einem leichten Rückgang auf 7,2 Prozent gerechnet. Aber erste Daten aus den Bundesländern vom Donnerstag signalisieren, dass die Jahresteuerung extrem hoch bleibt. Im bevölkerungsreichsten Land Nordrhein-Westfalen stieg die Inflationsrate auf 7,7 Prozent und damit auf den höchsten Wert seit 1973 sowie in Baden-Württemberg auf 7,0 Prozent, wie die Statistikämter der Länder mitteilten. In Bayern hingegen ebbte die Jahresteuerung auf 7,5 Prozent ab, in Hessen sank sie leicht auf 7,9 Prozent. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht bundesweite Daten am frühen Nachmittag.

Der russische Einmarsch in die Ukraine sorgt für drastisch steigende Energie- und Rohstoffpreise. Dies spüren die Verbraucherinnen und Verbraucher beim Tanken und Heizen. In Nordrhein-Westfalen verteuerten sich Kraftstoffe und Haushaltsenergien je um rund gut 37 Prozent. Aber auch Nahrungsmittel verteuerten sich um mehr als zehn Prozent. Dies zeigt, dass die Verbraucherpreise auf breiter Front anziehen und nicht nur rund um Energie. Das verstärkt bei Fachleuten zugleich die Sorgen, dass der Preisschub länger anhalten könnte als zunächst angenommen. Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einer Inflation von durchschnittlich 6,1 Prozent - was der höchste Stand seit 1981 wäre. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lag die Rate bei 3,1 Prozent und 2020 nur bei 0,5 Prozent.

Viele Firmen wollen die Preise ihrer Waren erhöhen, um steigende Kosten abzupuffern. "Das zieht sich jetzt durch die gesamte Wirtschaft", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe jüngst im Reuters-Interview. Im Einzelhandel planten dies drei von vier Betrieben.

Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht eine Inflation von rund zwei Prozent mittelfristig als ideal für die Konjunktur. Derzeit steckt die Notenbank aber im Dilemma. Sie müsste eigentlich die Zinsen erhöhen, will aber die Wirtschaft im Euro-Raum wegen der Rezessionsgefahr nicht zusätzlich schwächen. Experten rechnen noch in diesem Jahr mit einer Zinswende, EZB-Chefin Christine Lagarde hat eine Zinserhöhung für 2022 als wahrscheinlich bezeichnet.

(Reuters)