Die Teuerungsrate für Waren und Dienstleistungen fiel im April auf 8,3 von 8,5 Prozent im März, wie das Arbeitsministerium am Mittwoch in Washington mitteilte. Beim Tanken machten sich günstigere Spritpreise nach den vom Ukraine-Schock ausgelösten Rekordständen an den Zapfsäulen bemerkbar. Experten hatten zwar mit einem stärkeren Rückgang der US-Teuerung auf 8,1 Prozent gerechnet. Manche Fachleute deuten die April-Zahl jedoch als gutes Anzeichen. "Der Höhepunkt der Teuerung scheint überschritten", so Helaba-Ökonom Ulrich Wortberg.

Sollte ein weiterer deutlicher Anstieg der Energiepreise ausbleiben, werde die Inflationsrate schrittweise zurückgehen, meint Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. Auch er geht davon aus, dass der Gipfel überschritten ist: "Fallen die Teuerungsraten in den kommenden Monaten weiter, dürften sich die erhitzten Inflationsgemüter etwas besänftigen." Doch gibt es noch keine endgültige Entwarnung an der Preisfront, zumal der Spritpreis laut der Regierungsbehörde EIA jüngst wieder angezogen hat. US-Präsident Joe Biden hat den Kampf gegen die hohe Inflation, die an der Kaufkraft der Bürger nagt, zu seiner innenpolitischen "Top-Priorität" erklärt.

Fed hat noch Arbeit vor sich

Die Commerzbank-Volkswirte verweisen zudem auf einen statistischen Effekt, der den Rückgang der US-Inflationsrate im April erst ermöglicht habe: "Dies lag nur daran, dass die Preise im letzten Jahr von März auf April stärker gestiegen waren als in diesem Jahr und dieser Anstieg nun aus dem 12-Monats-Zeitraum herausfiel", erläuterten die Experten Christoph Balz und Bernd Weidensteiner. Tatsächlich seien Preise in diesem April stärker angehoben worden als erwartet. Dies gelte vor allem für die Mieten und Dienstleistungen wie Flugreisen und Hotelübernachtungen. Dagegen seien etwa Gebrauchtwagen wieder günstiger zu haben, nachdem diese voriges Jahr ein wesentlicher Inflationstreiber waren. Im März hatte die US-Teuerungsrate den höchsten Stand seit Ende 1981 erreicht. Materialengpässe und erhöhte Energiekosten auch infolge des Ukraine-Krieges halten den Preisdruck weiter hoch. Angesichts des starken Auftriebs und heiss laufenden Arbeitsmarkts hat die Notenbank Federal Reserve jüngst den grössten Zinssprung seit 22 Jahren gemacht. Die Währungshüter beschlossen Anfang des Monats einstimmig eine Erhöhung um einen halben Prozentpunkt auf die neue Zins-Spanne von 0,75 bis 1,00 Prozent. Sie signalisierten, weitere kräftige Schritte nach oben folgen zu lassen, um die Inflation in Schach zu halten.

Chefökonom Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank sieht auch nach dem jüngsten Rückgang der Teuerungsrate noch jede Menge Arbeit auf die Notenbank zukommen: "Gelöst ist das Inflationsproblem nämlich nicht. Störungen in der globalen Lieferlogistik, hohe Energiepreise und steigende Löhne werden vorerst weiter für Inflationsdruck sorgen." Die Fed werde bei den Leitzinsen daher weiter "kurzen Prozess" machen. Auf mittlere Sicht werde sie damit Wachstumsschrammen hervorrufen.

Die US-Wirtschaft hat zu Jahresbeginn bereits eine Talfahrt hingelegt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) fiel im ersten Quartal aufs Jahr hochgerechnet um 1,4 Prozent. Laut der US-Währungshüterin Loretta Mester wird es womöglich auch ein weiteres Quartal mit schrumpfender Wirtschaft oder schwachem Wachstum geben. Doch müsse dies in Kauf genommen werden, wenn die Fed die Inflation drücken wolle.

(Reuters)