Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft - Industrie und Dienstleister zusammen - stieg um 0,9 auf 55,8 Punkte, wie S&P Global am Freitag zu seiner monatlichen Umfrage unter Tausenden Unternehmen mitteilte. Das ist der höchste Stand seit sieben Monaten. Das Barometer hielt sich damit klar über der Wachstumsschwelle von 50. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang auf 53,9 Zähler gerechnet.

"Im April kam es in der Euro-Zone zu einer Wirtschaft der zwei Geschwindigkeiten", kommentierte S&P-Global-Chefökonom Chris Williamson. "Die Industrieproduktion kam aufgrund anhaltender Lieferengpässe, steigender Preise und Anzeichen dafür, dass die Ausgabenbereitschaft durch die kriegsbedingte Risikoscheu beeinträchtigt wurden, annähernd zum Stillstand." Dagegen legten die Dienstleister - ausgelöst durch die Lockerungen der Corona-Restriktionen - merklich zu. Dabei wurde ein Rekordanstieg der Ausgaben für Reise- und Freizeitaktivitäten registriert.

Inflationsdruck nimmt zu

Das Wirtschaftswachstum dürfte dennoch sowohl im Frühjahr als auch im Sommer eher mau ausfallen, erwarten Experten. "Der Krieg in der Ukraine und die daraufhin verhängten Sanktionen sorgen für weitere Lieferengpässe", sagte Commerzbank-Ökonom Marco Wagner. "Diese werden zusätzlich durch die derzeit strikten Lockdown-Massnahmen in China verschärft." Erst gegen Ende des Jahres dürften die Probleme wieder abebben. Ob die Dienstleister ihre gute Form behalten, steht zudem in den Sternen. "Die gestiegenen Lebenshaltungskosten belasten zunehmend das Budget vieler Privathaushalte", warnte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. "Die während der Pandemie gebildeten Ersparnisse müssen in höherem Masse für höhere Energiekosten und Lebensmittelpreise herhalten." Ob die gute Stimmung bei den Dienstleistern anhalte, sei daher fraglich.

Zu schaffen macht auch der Wirtschaft der zunehmende Kostendruck, "verursacht durch steigende Energie- und Rohstoffkosten sowie höhere Löhne", sagte Williamson. Die Verkaufs- und Angebotspreise für Güter und Dienstleistungen legten demnach in einem noch nie dagewesenen Ausmass zu, da die gestiegenen Kosten an die Kunden weitergegeben wurden. "Ein besorgniserregendes Signal dafür, dass der Inflationsdruck weiter zunimmt", sagte Williamson. Die Geldpolitiker könnten zu einer restriktiveren Haltung übergehen, da der beispiellose Inflationsdruck in Zeiten eines erfreulich robusten Wirtschaftswachstums anhält, sagte Williamson mit Blick auf die Europäische Zentralbank (EZB), die bislang an ihrer Nullzinspolitik festhält. In der EZB mehren sich allerdings die Stimmen, die eine Zinserhöhung bereits im Juli für möglich halten.

(Reuters)