Sie beschuldigen einen ehemaligen Produktmanager von Coinbase Global der Weitergabe von Informationen, mit denen sein Bruder und ein Freund Token kauften, kurz bevor diese an der Börse gelistet wurden.

Die Festnahme von Ishan Wahi am Donnerstag folgt auf umfassende Ermittlungen New Yorker Staatsanwaltschaft und der Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission. Wahi, der bei einer auf Anlageprodukte spezialisierten Coinbase-Einheit für Börsennotierungen zuständig war, soll ausserdem gegen die Betrugsbekämpfungsvorschriften der SEC verstossen haben.

"Die heutigen Anklagen sind eine weitere Erinnerung daran, dass Web3 kein rechtsfreier Raum ist", sagte der US-Staatsanwalt von Manhattan, Damian Williams, in einer Erklärung. "Unsere Botschaft ist klar: Betrug ist Betrug ist Betrug, egal ob er auf der Blockchain oder an der Wall Street stattfindet." Er fügte hinzu, dass Coinbase mit der Untersuchung kooperiert habe. Web3 ist ein Oberbegriff für Technologien aus dem Bereich Digitalwährungen.

Gewinn von mehr als 1 Million Dollar

Coinbase ermöglicht den Handel mit mehr als 150 Token, darunter viele, die in den letzten Monaten hinzugekommen sind. Da die Plattform als grösste Krypto-Börse der USA gilt, erleben Coins oft einen Ansturm von Interesse - und einen Preisanstieg - unmittelbar nach ihrer Aufnahme.

Laut der am Donnerstag in New York eingereichten Anklageschrift gab Wahi seinem Bruder Nikhil Wahi und dessen Freund Sameer Ramani Tipps, bevor Token an der Börse gelistet wurden. Nikhil Wahi und Ramani sollen diese Informationen genutzt haben, um mindestens von Juni 2021 bis April 2022 mit Dutzenden von Token zu handeln und hätten dabei einen Gewinn von mehr als 1 Million Dollar erzielt, so die Anklage.

Der Anwalt von Ishan Wahi, 32, lehnte eine Stellungnahme ab. Ramani, 33, bleibt nach Angaben der Staatsanwaltschaft auf freiem Fuss.

Priya Chaudhry, die Anwältin des ebenfalls verhafteten Nikhil Wahi, 26, erklärte, ihr Mandant habe nichts Falsches getan. "Die Staatsanwälte versuchen, schuldloses Verhalten zu kriminalisieren, weil sie nach einem Sündenbock suchen, da so viele Menschen in letzter Zeit Geld in Kryptowährungen verloren haben," sagte Chaudhry. "Die Verhaftung von Nikhil Wahi ist eine Kurzschlussreaktion der Behörde, um das Gesicht zu wahren."

Coinbase-Chefjurist Paul Grewal erklärte, die Plattform habe "Null Toleranz" für illegales Verhalten. Coinbase habe sofort eine Untersuchung veranlasst, als sie von dem Insiderhandel-Verdacht erfuhr und Wahi zunächst suspendiert. Am 15. Juli wurde er entlassen, so Grewal.

Beschwerden in den sozialen Medien führten zu Ermittlungen

Die Staatsanwälte in Manhattan leiteten ihre Ermittlungen im April ein, nachdem in den sozialen Medien Beschwerden über ungewöhnlich gut abgestimmte Investitionen in Token aufgetaucht waren, die auf Coinbase gelistet waren. Mitte Mai untersagte die Behörde Wahi, das Land zu verlassen.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft arrangierte Coinbase für den 16. Mai ein Gespräch mit Wahi in Seattle im Rahmen einer internen Untersuchung der verdächtigen Handelsaktivitäten. In der Nacht zuvor kaufte Wahi ein One-Way-Ticket für einen Flug nach Neu-Delhi. 

Etwa 35 Minuten vor dem geplanten Termin schrieb Wahi dem Leiter der Sicherheitsabteilung von Coinbase, dass er "nach Hause zurückfliegen müsse", das Treffen aber nachgeholt werden könne, heisst es in der Anklageschrift. Strafverfolger fingen ihn am Flughafen ab.

In der am Donnerstag beim Bundesgericht Seattle eingereichten Klage der SEC wird behauptet, dass Ishan Wahi seinem Bruder und dessen Freund wiederholt wesentliche vertrauliche Informationen per SMS und Anrufe über ein ausländisches Telefon übermittelt hat. Nikhil Wahi und Ramani handelten wiederholt auf Basis dieser Informationen, heisst es in der Klage. Laut SEC ist der Fall der erste wegen Krypto-Insiderhandels. Sie fordert zivilrechtliche Strafzahlungen und die Rückerstattung noch nicht quantifizierter Beträge.

Insiderhandel als besonderes Problem in der Krypto-Branche

Die US-Behörden haben ihre Kontrollen in der Krypto-Branche verschärft, da sie ihrer Meinung nach häufig in rechtlichen Grauzonen operiert. Der Insiderhandel wird dabei als besonderes Problem angesehen.

Nachdem Coinbase jahrelang bei der Notierung von Token eher vorsichtig vorgegangen war, beschloss das Unternehmen im vergangenen Jahr, deren Zahl deutlich zu erhöhen, um Marktanteile zurückzugewinnen, die sie an Konkurrenten wie Binance verloren hatte.

Obwohl Coinbase nicht angeklagt wurde, könnten die Fälle zu einer zusätzlichen Überprüfung der Plattform führen. Die Staatsanwaltschaft lobte das Unternehmen für seine Kooperation bei den Ermittlungen.

(Bloomberg)