Die Regierung folgt mit den ersten skizzierten Lockerungsschritten zumindest teilweise dem öffentlichen Ruf nach mehr Freiheiten. Definitiv entscheiden will sie in einer Woche, nach der Konsultation der Kantone. Bundespräsident Guy Parmelin sagte vor den Medien: "Wir sehen Licht am Ende des sprichwörtlichen Tunnels."

Er verstehe aber, dass viele Menschen enttäuscht sein werden über die ersten Öffnungsschritte. Gesundheitsminister Alain Berset bat die Gastrobranche um Geduld. In Restaurants seien viele für längere Zeit beisammen, das erhöhe das Infektionsrisiko.

Der Bundesrat kommentiert die ersten Lockerungen als "vorsichtigen Öffnungsschritt". Die epidemiologische Entwicklung sei zwar günstig, wegen der neuen, ansteckenderen Virusvarianten aber "fragil". Bei günstiger Entwicklung und höherer Durchimpfungsrate sollen jeweils per Anfang Monat weitere Schritte erfolgen.

Abstandsregeln und Maskenpflicht

Ab dem 1. März dürfen erst einmal alle Läden, Museen, Lesesäle und Bibliotheken mit Kapazitätsbeschränkungen sowie Maskenpflicht und Abstandsregeln wieder öffnen. Hinzu kommen Freizeit- und Unterhaltungseinrichtungen im Aussenbereich wie Zoos, botanische Gärten oder Erlebnisparks.

Auch Sportanlagen wie Kunsteisbahnen, Tennis- und Fussballplätze oder Leichtathletikstadien dürfen unter Auflagen offen sein. Wettkämpfe und Veranstaltungen im Erwachsenen-Breitensport bleiben verboten. Die Erleichterungen für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre möchte der Bundesrat bis auf 18-Jährige ausdehnen.

Am 1. April, kurz vor Ostern, soll laut dem Bundesrat ein zweiter Öffnungsschritt folgen. Vorgesehen dafür wären etwa Kultur- und Sportveranstaltungen mit eng begrenztem Publikum, Sport in Innenräumen oder die Öffnung von Restaurantterrassen. Bundesrat und Gesundheitsminister Alain Berset erklärte, das sei nicht in Stein gemeisselt.

Die Lockerung stiess auf ein geteiltes Echo. Die kantonalen Gesundheitsdirektoren stellten sich hinter den Kurs des Bundesrats. Die SP bezeichnete ihn als vernünftig und auch Grüne und Grünliberale setzen auf Sicherheit. Die Mitte spricht von einer Diskussionsgrundlage.

Für die SVP ist die Fortsetzung der "willkürlichen und schädlichen Corona-Politik" inakzeptabel. Parteichef Marco Chiesa rief am Abend auf Twitter zum "Widerstand" gegen die "unberechenbare Politik des Bundesrates" auf - die Kantone sollten sich wehren.

Die FDP verlangte eine rasche Impfung der Risikogruppen und die Aufhebung der Beschränkungen für alle. Der Gewerbeverband bekräftigte seine Forderung nach vollständiger Öffnung.

Verdoppelte Härtefallgelder

Der Bund erhöht die Hilfen für Härtefälle von fünf auf zehn Milliarden Franken. Sechs Milliarden davon sind für kleinere und mittlere Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter fünf Millionen Franken vorgesehen. Dabei übernimmt der Bund 70 Prozent (4,2 Milliarden Franken), die Kantone finanzieren den Rest.

Drei Milliarden Franken sind für grössere, landesweit tätige Unternehmen mit einem Umsatz über fünf Millionen Franken vorgesehen. Diese Beiträge übernimmt der Bund vollständig. Die Kantone wickeln die Gesuche ab.

Die Regierung hat zudem beschlossen, dass der Bund auch 2021 die Kosten für die Kurzarbeit übernimmt. Die Höchstbezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigung soll von aktuell 18 auf 24 Monate innerhalb von zwei Jahren verlängert werden können. Finanzminister Ueli Maurer erklärte, ein 100-prozentiges Netz könne der Staat nicht aufspannen.

Für die Änderungen sind Anpassungen im Covid-19-Gesetz und im Arbeitslosenversicherungsgesetz nötig. Das Parlament befindet in der Frühjahrssession darüber.

Auf den Rechnungsabschluss 2020 des Bundes schlug die Covid-19-Pandemie voll durch. Maurer präsentierte ein Rekorddefizit von 15,8 Milliarden Franken - ein "Ausmass, das wir noch nicht gekannt haben", wie er sagte.

Mutationen auf dem Vormarsch

In der Schweiz wurden bisher gemäss Bundesamt für Gesundheit (BAG) 6590 Fälle mit mutierten Coronavirus-Varianten festgestellt, 1805 mehr als vor einer Woche. Die meisten davon sind keiner der bekannten Mutationen zuzuschreiben.

1253 Neuinfektionen zählte das BAG am Mittwoch für die vorangegangenen 24 Stunden. Gleichzeitig gab es 22 neue Todesfälle und 66 Spitaleintritte. Die Positivitätsrate für die vergangenen zwei Wochen lag bei 5,2 Prozent. Im gleichen Zeitraum wurden pro 100'000 Einwohnerinnen und Einwohner 187,45 laborbestätigte Coronavirus-Infektionen gemeldet.

(AWP)