Ein Spitzenplatz von zweifelhaftem Ruhm: Italien ist unangefochtener Europameister bei der Anzahl Banküberfälle. Wie Zahlen der "European Banking Federation" (einer Vereinigung von 32 nationalen Bankverbänden) für 2015 zeigen, wurde in Europa 1280 Mal eine Bank überfallen. 772 dieser Verbrechen geschahen in Italien. Das sind 60 Prozent der Fälle. Auf den Plätzen zwei bis vier folgen Spanien (113 Überfälle), Grossbritannien (88) und Polen (67).

Seit Jahren führt Italien diese Statistik an. Wie in einer wissenschaftlichen Untersuchung jüngst zu lesen war, sind italienische Banken bei Gaunern aus folgenden Gründen beliebt: die Wahrscheinlichkeit für eine Festnahme ist niedrig, Banken horten grosse Bargeldbestände und die Strafen sind relativ gering.

Ebenfalls ein Grund dürfte sein: Gelegenheit macht Diebe. In Italien gibt es mehr als dreimal so viele Bankfilialen pro Kopf (pro 100'000 Einwohner 50 Filialen) wie in Deutschland oder Österreich. Übrigens auch die Schweiz ist diesbezüglich mit 44 Filialen pro 100'000 Einwohner ein internationaler Spitzenreiter, wie Daten der Weltbank zeigen.

Auch die Tatsache, dass sogar kleinere Filialen immer öfter von Sicherheitspersonal bewacht werden, hemmt italienische Kriminelle nicht. Laut dem Paper enden 90 Prozent der Bankraube in Italien ohne Verhaftung. Im letzten Jahr sorgte die Meldung für Aufsehen, wonach Diebe einen Tunnel gruben, um in eine Mailänder Bank zu gelangen. Und dies, obwohl Anwohner die Poliziei im Vorfeld auf verdächtige Geräusche aufmerksam gemacht hatten.

Gangster ziehen ins Internet

Aus italienischer Optik sehen die Zahlen etwas besser aus, denn die nationale Statistik des Zentrums für Kriminalpolizei kommt für das vergangene Jahr nur auf 360 Delikte. Das Erstaunliche dabei: Nicht etwa im als krimineller geltenden Süden des Landes wurden die meisten Überfälle verübt, sondern in der reichen Region Lombardei. 59 an der Zahl waren es dort. Laut den Italienern ist die Zahl der Banküberfälle zudem rückläufig.

Auch im europäischen Durchschnitt werden immer weniger Finanzhäuser überfallen. Aber die durchschnittliche Summe, die dabei entwendet wird, steigt an. 2015 wurden insgesamt 27,6 Millionen Euro gestohlen – 15 Prozent mehr als im Vorjahr.

Umgerechnet auf einen einzelnen italienischen Banküberfall ergibt das eine Deliktsumme von ungefähr 21'000 Euro. Ein Grund für den Rückgang an Überfallen: Die Attacken auf Banken finden vermehrt im Internet statt. Auch in Italien ist die Anzahl Überfälle jüngst zurückgegangen.