Die Aufruhr um die kritische Rede zur Europäischen Union des britischen Premierministers David Cameron vor zwei Tagen ist auch am Freitag noch nicht abgeebbt. "Cameron spielt mit dem Feuer", sagt die Berner FDP-Nationalrätin und EU-Beitritts-Befürworterin Christa Markwalder im cash-Video-Interview am Rande des WEF in Davos. 
 
Die Forderungen Grossbritanniens, Sonderkonditionen mit der EU auszuhandeln, könnten dazu führen, dass der Blick der EU-Staaten speziell auf die Schweiz gerichtet werde. "Damit hat die Schweiz ein gewisses Problem, weil derzeit verhandelt wird, wie ein institutioneller Rahmen um das Vertragswerk zwischen der EU und der Schweiz gebaut werden könnte. Und da gehen die Meinungen noch weit ausinander", sagt Markwalder, die der aussenpolitischen Kommission in Bern angehört. 
 
Markwalder ist seit Jahren eine vehemente Befürworterin einer EU-Mitgliedschaft der Schweiz. Sie ist unter anderem Präsidentin der Neuen Europäischen Bewegung Schweiz (Nebs). Die Vereinigung verfolgt das Ziel, das europäische Stimmrecht für die Schweiz zu erhalten. 
 
Camerons Sorge um EU-Zustand
 
Cameron hatte am Mittwoch in London für Aufsehen gesorgt, als er in einer Rede zur Europäischen Union ein Referendum für einen EU-Austritt Grossbritanniens bis 2017 ankündigte. Bevor eine solche Abstimmung spruchreif wird, muss Cameron indes im Frühling 2015 wiedergewählt werden. 
 
Bereits im letzten Sommer wurden bei den Konservativen Forderungen nach einer EU-Austrittsabstimmung laut. Cameron hatte sich bis zuletzt gegen eine solche Volksbefragung gewehrt. Sollte es zu einer Abstimmung kommen, könnten sich die Briten erstmals seit 1975 zur EU-Mitgliedschaft an der Urne äussern. 
 
In seiner Rede betonte Cameron seine Sorge um den Zustand Europas, das seine innovative Vorreiterrolle eingebüsst habe. Der Premierminister fordert, dass die EU flexibler und wetbewerbsfähiger werden müsse. "Wir brauchen eine Struktur, welche die Unterschiedlichkeit der Mitgliedstaaten spiegelt", so Cameron.
 
"Camerons Rolle ist unklar"
 
Für Markwalder ist noch nicht klar, welche Rolle der britische Premierminister in einem Abstimmungskampf spielen wird. "Laut seiner Rede müsste er dafür plädieren, dass Grossbritannien in der EU bleibt. Angesichts der grossen EU-Skepsis der Bevölkerung ist das aber nicht ungefährlich"“, sagt die Politikerin. So ging in einer am Donnerstag publizierten Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts hervor, dass bei einer Volksabstimmung rund 40 Prozent für einen Austritt Grossbritanniens aus dem europäischen Staatenverband stimmen würden. Auch in der Schweiz ist die Skepsis gegenüber Europa wegen der Euro-Krise deutlich angestiegen. 
 
Es dürfe nicht zur Gewohnheit werden, dass Regierungen von Mitgliedsländern mit "'EU-Bashing' Innenpolitik betreiben", sagt Markwalder. Wenn das Engagement für ein gemeinsames Europa nicht mehr genügend gross sei, werde es kritisch für den Kontinent. 
 
 
Im Video-Interview äussert sich Markwalder über die zunehmende EU-Skepsis und zum bilateralen Weg der Schweiz, der ins Stocken geraten ist.