Das Wahlresultat war überdeutlich: Das prononciert politisch links auftretende neue Präsidiums-Duo mit Meyer und Wermuth erhielt 538 der 561 gültigen Stimmen. Der 26-jährige Gegenkandidat Martin Schwab aus Nidau BE hatte wie erwartet keine Chance. Auf ihn entfielen lediglich 23 Stimmen.

Die 1987 in Basel geborene Co-Präsidentin Meyer hatte sich in ihrer Rede vor der Wahl als "Linke mit einer klaren Haltung" bezeichnet. Die Motivation für ihr politisches Engagement schöpfe sie aus der Hoffnung, gemeinsam mit den Mitkämpferinnen und Mitkämpfer eine Zukunft zu schaffen mit sozialer Sicherheit, Gleichstellung, Klimaschutz und Menschenwürde.

Gemeinsam für ein erfülltes Leben

Wermuth (*1986) deklarierte den von ihm vertretenen demokratischen Sozialismus als keine Zauberei, sondern als das Einstehen für eine Gesellschaft, in der alle gemeinsam und solidarisch für ein erfülltes, gutes Leben sorgen. Er sagte, dass nicht diejenigen als radikal gelten, die für Veränderungen einstünden, sondern die Menschen, welche menschenunwürdige Ist-Zustände verteidigten.

Der unterlegene Gegenkandidat Martin Schwab sagte, dass er als jemand ohne gewähltes politisches Amt bei dieser Wahl ein Handicap habe. Trotzdem sei er den ganzen Weg alleine weitergegangen, um für Werte von Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Humanität einzustehen.

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga bezeichnete die Wahl des offen und authentisch auftretenden Präsidiums-Duo als guten Entscheid für die Partei. Mattea Meyer und Cédric Wermuth schätze sie als Menschen, die strategisch denken würden: "Sie wissen, wann sie Maximalforderungen aufstellen müssen und wann der Moment gekommen ist, einen guten Moment zu finden", sagte sie.

Gleichzeitig stehe sie dem Rücktritt von Christian Levrat auch mit Bedauern gegenüber. Auf ihn habe sie sich als Bundesrätin immer verlassen können.

Im Vorfeld der Wahl mussten die Statuten revidiert werden, um ein bislang nicht vorgesehenes Co-Präsidium überhaupt ermöglichen zu können. Mit einer weiteren Statutenänderung wurde ein ständiger Sitz der Juso im Vize-Parteipräsidium festgeschrieben.

Juso-Präsident Ronja Jansen galt somit von vornherein als gewählt. Weiter ins fünfköpfige Vizepräsidium gewählt wurden: die Waadtländer Nationalrätin Ada Marra, ihre St. Galler Ratskollegin Barbara Gysi (beide bisher) sowie die Zürcher Nationalrätin Jacqueline Badran, den Bündner Nationalrat Jon Pult und der Waadtländer Nationalrat Samuel Bendahan als neue Mitglieder.

Levrat empfand Präsidium als Privileg

Der abgetretene Parteipräsident Christian Levrat bezeichnete seine zwölfjährige Präsidiumszeit als Privileg. Er habe jeden Tag und jede Stunde, während denen er für die Umsetzung der gemeinsamen Ideen einer gerechteren und solidarischeren Gesellschaft habe einstehen können, genossen, sagte er.

Er wolle hier keine ausführliche Bilanz seinerAmtszeit ziehen. Als grosse Erfolge hob er aber die Mobilisierungsfähigkeit der Partei hervor sowie eine Reihe von Abstimmungssiegen, namentlich im Kampf gegen Rentenkürzungen im Jahr 2009, gegen die Unternehmessteuerreform III und zuletzt gegen die als ungerecht empfundenen Kinderbetreuungs-Abzüge.

Neben ausführlichen Dankesworten an seine engen Mitstreiterinnen und Mitstreiter rief er die Partei schliesslich dazu auf, der neuen Führung, welche die Verbindung zu den sozialen Bewegungen verstärken wolle, zu vertrauen.

Nimmermüder Einsatz

Bundesrat Alain Berset dankte seinem "Weggefährten der ersten Stunde" für den "nimmermüden und nimmersatten Einsatz für die Partei". Levrat habe die SP gestärkt, was mit Blick auf die Sozialdemokratie im europäischen Ausland alles andere als eine Selbstverständlichkeit sei.

Der Basler Nationalrat und langjährige Partei-Vizepräsident Bea Jans überraschte mit einem Abschiedslied an Levrat, bei dem er sich an der Gitarre selber begleitete. Er wandelte hierfür Boris Vians Ballade "Le déserteur" zur musikalischen Hommage ab.

Appelle in der Coronakrise

Sommaruga rief in ihrer Ansprache einmal mehr zur Solidarität und Disziplin bei der Bewältigung der Coronakrise auf. Darauf kam auch Gesundheitsminister Berset in seiner Rede zu sprechen. Er bezeichnete die Lage als "sehr ernst", die Geschwindigkeit der zunehmenden Infektionen habe alle auf dem falschen Fuss erwischt. Die Schweiz befinde sich in der grössten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.

Auch er selber sei coronamüde, sagte er. Aber er sehe keine Alternative als sich weiterhin und verstärkt an die Schutzmassnahmen zu halten. Vulnerable und alte Menschen wegzusperren entspreche nicht dem Selbstverständnis der Schweiz, für das er einstehe.

Die Nachfolge von Levrat hätte eigentlich im April besiegelt werden sollen - doch das Vorhaben wurde aufgrund der Coronavirus-Krise auf den Oktober verschoben. Zuerst wollte die SP ihren Parteitag in Basel noch real durchführen, entschied sich am Donnerstag aber angesichts steigender Infektionen mit dem Coronavirus für das Internet.

(AWP)