Falls die verhandelten Konzessionen zu weit gehen, werden mit dem Abkommen all die Massnahmen, die in den letzten Wochen zur Nachhaltigkeit und Lebensmittelsicherheit diskutiert und gefordert wurden, "in den Wind geschlagen", erklärte der Präsident des Schweizer Bauernverbandes (SBV) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Der genaue Inhalt des Abkommens war zunächst nicht bekannt.

Für Ritter ist eine Agrarpolitik nicht mehr glaubwürdig, bei der einerseits im Inland strenge Vorgaben diskutiert und gemacht werden, deren Ziele andererseits beim Abschluss eines Freihandelsabkommens nur noch eine untergeordnete oder gar keine Rolle mehr spielen. Die Agrarpolitik in der Schweiz müsse eine Linie haben, so aber werde das Argument der Nachhaltigkeit zum Feigenblatt und der Bundesrat mache sich unglaubwürdig.

Für Ritter sind namentlich die Zustände in Brasilien "unhaltbar". Dort würden Hormone und Pflanzenschutzmittel eingesetzt, die in der Schweiz längst verboten seien oder gar nie eingesetzt werden durften. Ritter verwies insbesondere auf Artikel 104a der Bundesverfassung. Dieser verpflichtet den Bund zu Handelsverträgen, die zur Nachhaltigkeit beitragen.

Ritter prophezeit eine "sehr schwierige Diskussion im Parlament". Eine offizielle Stellungnahme im Namen des SBV kündigte Ritter auf den Samstagabend nach der Medienkonferenz von Wirtschaftsminister Guy Parmelin in Kloten ZH an.

Referendumsdrohung der Grünen

Der absehbar schwere Stand für das Abkommen in den Eidgenössischen Räten illustriert sich an der Haltung der Grünen Partei. Präsidentin Regula Rytz forderte den Bundesrat am Samstag dazu auf, den Vertrag dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Die Grünen wollen das Abkommen wenn möglich schon im Parlament stoppen. Falls dies nicht gelinge, werde sie sich bei ihrer Parteibasis für die Lancierung eines Referendum einsetzen, so Rytz gegenüber Keystone-SDA.

Verträge, die mit Ländern wie Brasilien abgeschlossen würden, und die "grüne Lunge und wichtigste CO2-Senke der Welt" bedrohten, müssten von der Schweizer Bevölkerung gestoppt werden können. Zudem brauche es wesentliche Verbesserungen zum Schutz des Regenwaldes und gegen die Vertreibung der indigenen Bevölkerung.

Swissmem freut sich für die KMU

Hans Hess, Präsident des Industrieverbandes Swissmem, reagierte in der Samstagsrundschau von Radio SRF erfreut auf die Einigung. Nun hätten auch KMU Zugang zu einem neuen interessanten Markt, die Arbeitsplätze blieben in der Schweiz, der Standort Schweiz werde gestärkt.

Hess zeigte zwar Verständnis für die Vorbehalte. Es sei aber falsch, solche Verträge auf aktuell eventuell nicht genehme Regierungen abzustützen. Als Handelspartner könne man zudem Kritik besser anbringen und Wertsysteme für eine vernünftige Politik in diese Länder bringen.

Hess hält auch nichts davon, solche Vertragsabschlüsse an Bedingungen bezüglich Umweltschutz zu binden. Diesbezügliche Dialoge mit problematischen Staaten liessen sich "mit geöffneten Türen" besser führen.

Mercosur-Koalition: "Genau analysieren"

Die Mercosur-Koalition aus verschiedenen Hilfswerken, Umweltschutzorganisationen und dem SBV teilte am Samstag mit, sie werde das Abkommen im Parlament auf die Probe stellen und kritisch prüfen, ob die unerlässlichen Kriterien beim Umwelt- und Tierschutz, beim Konsumentenschutz und der Menschenrechtsituation in den Mercosur-Ländern erfüllt sind.

Die Zugeständnisse bei der Einfuhr von Landwirtschaftsprodukten sei zwingend auf die bestehenden WTO-Kontingente zu beschränken. Importiertes Fleisch müsse ohne Leistungs- und Wachstumsförderer und unter Einhaltung hoher Tierschutz- und Lebensmittelsicherheitsstandards produziert worden sein.

(AWP)