Das geht aus der Erklärung nach dem Nato-Sondergipfel in Brüssel vom Donnerstag hervor. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, durch einen Einsatz von Chemiewaffen könnte auch die Bevölkerung in Nato-Staaten in Mitleidenschaft gezogen werden. Er forderte zudem China auf, Russland militärisch oder ökonomisch nicht zu unterstützen. Die Nato entschied zudem, seine Truppen an der Ostflanke massiv aufstocken. Die 30 Staats- und Regierungschefs der Nato-Mitgliedsländer entschieden, vier zusätzliche sogenannte Battlegroups in der Slowakei, Ungarn, Bulgarien und Rumänien zu stationieren und damit die Kampftruppen des Bündnisses im Osten zu verdoppeln.

Die westlichen Staaten wollen am Donnerstag mit einer Serie von Gipfel der Nato, G7 und EU ihre harte Haltung gegenüber Russland unterstreichen. Auch US-Präsident Joe Biden flog dafür nach Brüssel. Russland müsse für seine Invasion in die Ukraine einen Preis zahlen, hatte Stoltenberg schon zu Beginn des Gipfels gesagt. In der Nato-Erklärung ist von einem "strategischen Fehler" von Russlands Präsident Wladimir Putin die Rede. Die drei Gipfel am Donnerstag zeigten den Ernst der Lage wegen des "schrecklichen Angriffskrieges" Russlands, twitterte Kanzler Olaf Scholz. "Es zeigt aber auch unsere große Einigkeit und Entschlossenheit."

In der Nacht hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer dramatischen Videobotschaft mehr Hilfe für sein Land im Kampf gegen Russland gefordert: "Kommt aus euren Büros, euren Häusern, euren Schulen und Universitäten, im Namen des Friedens, kommt mit ukrainischen Symbolen, um die Ukraine zu unterstützen, um die Freiheit zu unterstützen, um das Leben zu unterstützen." Selenskyj forderte erneut eine Flugverbotszone und Kampfflugzeuge, was Nato-Staaten wie die USA und Deutschland allerdings bereits abgelehnt haben.

Auch Stoltenberg unterstrich, dass sich die Nato einig sei, dass man keine Ausweitung des Krieges riskieren dürfe. Deshalb werde auch eine Nato-Friedenstruppe in der Ukraine abgelehnt, weil diese eine direkte Konfrontation mit russischen Soldaten bedeuten würde. Etliche westliche Staaten, darunter Deutschland und Großbritannien, haben der Ukraine aber Tausende neue Panzer- und Flugabwehrraketen geliefert oder wollen dies tun. Litauens Präsident Gitanas Nauseda warnte, dass Russland auch weiter entfernte Länder bedrohe. "Niemand kann sich sicher fühlen."

Am Donnerstag über weitere Sanktionen beraten

Die G7 und die EU wollen am Donnerstag über weitere Sanktionen beraten, auch wenn kein neues großes Paket an Maßnahmen erwartet wird. Die US-Regierung verkündete am neue Sanktionen gegen Dutzende russischer Rüstungsfirmen, 328 Duma-Mitglieder und den Chef der russischen Sberbank.

Ein europäischer Boykott russischer Energieimporte dürfte auf dem am Nachmittag beginnenden zweitägigen EU-Gipfel erneut diskutiert werden. Eine Entscheidung steht nach Angaben der Bundesregierung nicht auf der Agenda. Allerdings könnte die Ankündigung Putins, Gas und Öl nur noch gegen Rubel zu verkaufen, Lieferungen unmöglich machen. Am Freitag will die EU auch beraten, wie sie auf die stark gestiegenen Energiepreise reagieren soll. Die Ampel-Koalition in Berlin hat dazu ein nationales Entlastungspaket beschlossen.

Die ukrainischen Streitkräfte sprachen am Donnerstag davon, dass Russland erneut in die Offensive kommen wolle, um Städte wie Kiew, Charkiw, Sumy und Mariupol einzunehmen. Russland bringe dazu auch frische Truppenverbände in die Nähe der ukrainischen Grenze. Die russische Regierung rief über Facebook russische Soldaten auf, die in Syrien gekämpft haben, sich für einen Einsatz zu melden. Aus etlichen ukrainischen Städten wurde erneuter russischer Beschuss gemeldet. Satellitenfotos der US-Firma Maxar zeigen, wie sehr die südostukrainische Hafenstadt Mariupol mit einst 400.000 Einwohnern bereits zerstört wurde. Der noch in der Stadt befindlichen Zivilbevölkerung fehlen nach ukrainischen Angaben Strom, Wasser und Nahrung. Seit Tagen wird versucht, Menschen aus der Stadt in Sicherheit zu bringen.

Die Ukraine und westliche Länder sprechen von einem Angriffskrieg und einer russischen Invasion im Nachbarland, die am 24. Februar begonnen hat. Russland bezeichnet sein Vorgehen dagegen als Spezialoperation zur Zerstörung militärischer Stützpunkte sowie zur Demilitarisierung und "Entnazifizierung" der Ukraine. In dem Krieg sollen nach Angaben der Ukraine und aus westlichen Sicherheitskreisen bereits mehrere Zehntausend Menschen gestorben sein. Die UN sprechen mittlerweile von 3,5 Millionen Flüchtlingen aus der Ukraine.

(Reuters)