Seitdem die britische Premierministerin Theresa May am 29. März den Austrittsantrag ihres Landes nach Artikel 50 der EU-Verträge gestellt hat, tickt für sie die Uhr: Innerhalb von zwei Jahren soll der Brexit vollzogen sein. Die Frist kann den Verträgen zufolge nur verlängert werden, wenn Grossbritannien und alle anderen 27 EU-Staaten dem zustimmen.

Die Verhandlungen führt für die EU der ehemalige Binnenmarktkommissar Michel Barnier aus Frankreich. Sein Gegenspieler auf der britischen Seite ist Brexit-Minister David Davis. Es folgt eine Auflistung der wichtigsten Stationen auf dem Weg zum Brexit.

Dieser Tage führten Barnier und Davis ihre dritte Verhandlungsrunde, nachdem sie ihre Gespräche am 19. Juni aufgenommen haben. Die Erwartungen an einen Durchbruch waren von Anfang an gering. So will die britische Seite Details der Strategiepapiere besprechen, die sie vorige Woche veröffentlicht hatte. Zwar geht es darin auch um Fragen der EU-Gerichtsbarkeit infolge des Brexit oder den Umgang mit der Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland.

Beide Probleme will auch die EU-Seite rasch lösen. Allerdings berühren einige Punkte - etwa der britische Vorschlag einer befristeten Zollunion mit der EU - die künftigen Beziehungen zu der Staatengemeinschaft. Die EU will aber erst über die Zukunft verhandeln, wenn die Bedingungen des Austritts geklärt sind. Die Verhandlungen führten auch zu gegenseitigen Vorwürfen.

Einig sind sich beide Seiten zumindest, dass es möglichst bald eine Einigung über die Rechte von britischen und EU-Bürgern im jeweils anderen Hoheitsgebiet geben soll. Dagegen droht Streit bei der Berechnungsmethode, mit der die britischen Finanzverpflichtungen gegenüber der EU festgestellt werden sollen.

Am 19. und 20. Oktober wollen die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel den Stand der Verhandlungen bewerten. Falls Barnier und Davis signifikante Fortschritte erzielt haben, sollen dann die von Grossbritannien gewünschten Gespräche über ein künftiges Freihandelsabkommen zwischen dem Königreich und der EU aufgenommen werden.

Barnier will bis Oktober 2018 die Details für Brexit ausverhandelt haben. Der Franzose hat diesen Zeitplan als sehr ambitioniert bezeichnet, weil eine Unmenge von Bestimmungen der jahrzehntelangen EU-Mitgliedschaft Grossbritanniens rückgängig gemacht werden müssen. Andere Experten halten den Zeitplan schlicht für unmöglich. Deshalb könnte es zahlreiche, mehrjährige Übergangsfristen geben.

Bis März 2019 wäre dann Zeit, damit die qualifizierte Mehrheit der bisher 28 Mitgliedsländer und die einfache Mehrheit des EU-Parlaments die Vereinbarung ratifizieren.

Am 29. März 2019 endet die EU-Mitgliedschaft des Königreichs, 46 Jahre und drei Monate nach dem Eintritt in die Union. Spätestens dann müssen auch die Mitarbeiter der EU-Arzneimittelbehörde EMA und der Bankenaufsicht EBA ihre Koffer gepackt haben, die bisher ihren Sitz in London haben.

Sollte es bis dahin keine Einigung in den Austrittsverhandlungen geben, fiele Grossbritannien auf den Status eines Drittlandes zurück, würde also in Handelsfragen von der EU als einfaches WTO-Mitglied eingestuft. Die Folgen wären in einem solchen Szenario Einfuhrzölle und andere Handelsbarrieren für das Vereinigte Königreich.

Am Finanzplatz London dürfte Chaos ausbrechen, da die dortigen Banken auf einen Schlag den Zugang zum EU-Binnenmarkt verlieren würden, ohne dass es eine Regelung für die Zukunft gäbe. Europäische Firmen wären bei Exporten auf die britischen Inseln ebenfalls betroffen.

Unklar ist, wann die umfassenderen Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen Grossbritannien und der EU abgeschlossen sein werden. May strebt ein Freihandelsabkommen mit der EU innerhalb weniger Jahre an, über das schon parallel zum Brexit verhandelt werden soll.

Dagegen verwies die EU-Kommission bereits auf die Erfahrung aus anderen Abkommen wie etwa mit Kanada (Ceta), über das sechs Jahre lang verhandelt wurde. Und im Ceta-Vertrag sind keine Vereinbarungen über den komplexen Bereich der Finanzdienstleistungen enthalten, die für Grossbritannien von enormer Bedeutung sind.

Unklar sind auch die Entwicklungen in der britischen Innenpolitik. May gilt nach ihrer nur knapp gewonnenen Parlamentswahl im Juni als angeschlagen. Ob ihre Regierung bis zu den nächsten turnusgemässen Wahlen 2022 durchhält, ist offen. Sollten die Briten vor März 2019 erneut ein neues Parlament bestimmen müssen, geriete wohl auch der ohnehin enge Fahrplan für den Brexit ins Wanken. Im Raum stünde dann womöglich ein zweites Referendum über den EU-Austritt.

(Reuters)