Die neuen Regeln seien "die letzte Möglichkeit, um einen Lockdown zu verhindern", sagte Gesundheitsminister Alain Berset am Mittwoch vor den Bundeshausmedien. "Ohne einschneidende Massnahmen geht es nicht." Die bisherigen Regeln genügten nicht. Die Fallzahlen, die Zahlen der Spitaleinweisungen und der Todesfälle müssten schnellstmöglich runterkommen.

Ziel sei es, die Reproduktionszahl zu halbieren. Heute steckten zehn Corona-Infizierte im Schnitt 17 weitere Personen an. Das sei viel zu viel, sagte Berset. Derzeit sei die Schweiz ein europäischer Hotspot.

Nur gemeinsam erfolgreich

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga versuchte zum wiederholten Mal, alle ins Boot zu holen. "Wir wollen alle, dass die Schweiz diese Krise gemeinsam meistert", sagte sie.

Niemand wolle, dass in den Spitälern die Betten für Notfallpatienten fehlten, niemand wolle einen Lockdown. Deshalb habe der Bundesrat neue Massnahmen ergriffen, die ab Mitternacht gelten. "Wenn wir weniger Kontakte haben, bringen wir die Zahl der Hospitalisierungen herunter."

Die Situation sei für niemanden leicht. "Wir brauchen die Kontakte, wir brauchen den Ausgang. Wir möchten ins Kino, beim Fussballmatch mitfiebern. Wir brauchen die Nähe zu Familie und Bekannten." Eines sei sicher: "Je schneller wir den Virus unter Kontrolle bringen, desto schneller ist dies alles wieder möglich."

Unbefristete Massnahmen

Dass die strengeren Corona-Massnahmen auf Bundesebene unbefristet seien, heisse nicht, dass sie lange gelten würden, sagte Berset. "Sie gelten so lange wie nötig." Man müsse in dieser epidemiologischen Lage flexibel bleiben.

Berset erwartet, dass die neuen Massnahmen relativ rasch ihre Wirkung entfalten. Man könne durchaus in den nächsten Tagen erwarten, erste Resultate zu sehen.

Weiterhin in der "besonderen Lage"

Der Bundesrat wehrt sich gegen Vorwürfe, er habe in den vergangenen Tagen und Wochen zu zögerlich gehandelt. "Wir haben nicht sieben Tage verloren", sagte Sommaruga auf die Frage eines Journalisten. "Die Kantone haben Massnahmen getroffen."

Es sei wichtig, dass in der "besonderen Lage" der Bund und die Kantone gemeinsam handelten. Die Massnahmen seien vom Bundesrat gut geprüft worden, denn sie müssten von der Bevölkerung auch verstanden werden.

Eine Rückkehr zur "ausserordentlichen Lage" schloss der Bundesrat am Mittwoch nicht aus, bezeichnete diesen Schritt aber auch nicht als prioritär. Der Bundesrat könne auch im Rahmen der besonderen Lage viele Massnahmen ergreifen, sagte Sommaruga. "Es gibt wenig, dass nur in der 'ausserordentlichen Lage' beschlossen werden kann."

Keine neuen Wirtschaftshilfen

Die Massnahmen gegen das Coronavirus stehen nach Ansicht des Bundesrats nicht im Widerspruch zur Wirtschaft. "Wenn wir das Virus so stark wie möglich eindämmen, bleiben die Kosten für die Wirtschaft am tiefsten", sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin.

Gewisse Branchen würden unter den neu verhängten Massnahmen leiden, sagte Parmelin. Von weiteren Wirtschaftshilfen sieht der Bundesrat trotzdem ab - zumindest vorläufig. Die Schweiz sei nun besser vorbereitet als bei der ersten Coronavirus-Welle im Frühling, sagte Parmelin.

Die Arbeiten für eine Härtefall-Regelung sind bei den Kantonen und beim Bund im Gang. Sie soll laut Parmelin Anfang 2021 umgesetzt werden. Demnach kann der Bund kantonale Härtefall-Massnahmen für besonders stark betroffene Unternehmen mitfinanzieren.

(AWP)