An seinem letzten öffentlichen Auftritt als Bankchef am Donnerstag verabschiedete sich Thiam, der im Zuge der Beschattungsaffäre Ende der Woche zurücktritt, mit einem starken Ergebnis. Im normalerweise schwierigen Weihnachtsquartal steigerte die CS - nicht zuletzt auch dank Sonderfaktoren - den Gewinn im Vergleich zum Vorjahr um ein Mehrfaches auf 852 Millionen Franken.
Starkes Ergebnis mit Wermutstropfen
Im Gesamtjahr verdiente die Bank damit 3,42 Milliarden nach 2,02 Milliarden im Vorjahr. Die Aktionäre erhalten daher auch eine leicht höhere Dividende.
Am Markt war aber sowohl bezüglich Gewinn als auch für die Ausschüttung mehr erwartet worden. So wurden die Analysten von einer hohen Rückstellung für Rechtsfälle auf dem falschen Fuss erwischt. Diese steht im Zusammenhang mit Hypotheken-Streitigkeiten aus der Zeit vor der Finanzkrise. Aber auch betrieblich fielen die Kosten im Schlussquartal höher aus als von den Experten antizipiert.
Ausserdem tat sich die Credit Suisse in der Vermögensverwaltung im vierten Quartal mit der Neugeld-Akquise schwer: Insgesamt konnten im Private Banking vergleichsweise nur wenige neue Kundengelder angezogen werden, wobei es in der Schweizer Einheit netto sogar zu einem Abfluss kam.
Keine Änderungen in Konzernleitung
Und was die Investmentbank angeht, harzt das Geschäft mit der Beratung bei Übernahmen oder Börsengängen nach wie vor. Es gebe Transaktionen an den Kapitalmärkten, bloss zu wenige mit der Credit Suisse, sagte Thiam. Hier bleibt für den im November neu ernannten Leiter der Division "Investment Banking und Capital Markets" also noch einiges zu tun.
An der aktuellen Konzernleitung, die Thiam während seiner Amtszeit fast vollständig neu eingesetzt hat, will Gottstein, der am (morgigen) Freitag von Thiam übernimmt, festhalten. Einzig André Helfenstein wird - als sein Nachfolger als Leiter der Schweizer Universalbank - neu zum Top-Management stossen.
Auch gab Gottstein sich überzeugt, dass die CS als global führender Vermögensverwalter mit starkem Investment Banking sehr gut positioniert ist, um Wert für die Aktionäre zu schaffen. Alle Bereiche hätten Potential. Er sehe deshalb keinen Grund, die "klare und nachhaltige" Strategie anzutasten.
Blick nach vorn
"Die letzten Monate waren nicht einfach für alle von uns", gab der neue Chef zu. Jetzt gelte es aber, in die Zukunft zu schauen.
Und bei diesem Blick in die Zukunft gibt sich die Bank recht zuversichtlich. Alle Divisionen hätten einen sehr erfreulichen Jahresauftakt gehabt. Daher schätze man die Aussichten für das Jahr 2020 vorsichtig optimistisch ein, hiess es. Dies trotz der zahlreichen geopolitischen Spannungen und Unsicherheiten, unter anderem in Bezug auf die Auswirkungen des Coronavirus.
Im laufenden Jahr will die Bank profitabler werden und die Rendite auf dem materiellen Eigenkapital (RoTE), an dem sie sich misst, auf mindestens 10 Prozent steigern von 8,7 Prozent. Mittelfristig sollen es über 12 Prozent werden.
Droht Aktionärsaufstand?
Auf kurze Sicht muss sich Gottstein zunächst in der Auseinandersetzung mit den Aktionären behaupten. An der Generalversammlung könnte Ungemach drohen, denn einige Grossaktionäre hatten sich explizit für Thiam als CEO ausgesprochen und sogar mit der Abwahl des VR-Präsidenten Urs Rohner gedroht, sollte es zu einem Wechsel kommen.
Er wolle nicht darüber spekulieren, was an der GV passieren werde, sagte Gottstein. Er habe aber nichts von einem Aktionärsaufstand gehört. Als neuer CEO wolle er sich in der nächsten Zeit aber mit allen Stakeholdern treffen.
Den CS-Aktionären bescherte die Ära Thiam nur wenig Freude. Wohl gewann die Aktie im vergangenen Jahr zwar deutlich an Wert, insgesamt verlor die CS seit dem Amtsantritt von Thiam im Juli 2015 aber rund 40 Prozent an Wert.
Und auch am Berichtstag starteten die Papiere mit deutlichen Abgaben in den Handel, drehten aber um die Mittagszeit ins Plus stehen um stehen gegen 15.15 Uhr gar 0,7 Prozent höher bei 13,46 Franken.
ys/gab
(AWP)