Erstmals seit Ausbruch der Coronapandemie hat das Bundesamt für Gesundheit am Freitag weit über 6000 positive Tests auf Covid-19 innerhalb von 24 Stunden gemeldet. Von den 25'061 gemeldeten Tests war rund jeder vierte positiv (6634). Dazu kamen 117 neue Hospitalisierungen und 10 neue Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19.

Die bisher vom Bund beschlossenen Massnahmen genügten aus wissenschaftlicher Sicht "bei weitem nicht", um die Lage zu entschärfen, sagte Taskforce-Leiter Martin Ackermann vor den Bundeshausmedien in Bern. Es müsse nun rasch gehandelt werden.

In zwei bis drei Wochen sei die Kapazität der Intensivbetten erreicht, die Testkapazitäten würden bald an ihre Grenzen kommen und das Contact Tracing funktioniere in den meisten Kantonen nicht mehr, so das Gesamtfazit der Fach-Vertreter des Bundes.

Harte Schnitte in Bern.....

Die fünf welschen Kantone Genf, Waadt, Freiburg, Neuenburg und Jura sowie insbesondere der Kanton Bern haben gleichentags auf den unablässigen exponentiellen Anstieg der Fallzahlen mit massiven Verschärfungen ihrer Massnahmen reagiert. Diese zielen in erster Linie auf einschneidende Einschränkungen der Freizeitaktivitäten und des Privatlebens ab.

Der Kanton Bern hat am Freitag Veranstaltungen von mehr als 15 Personen verboten und eine Sperrstunde in der Gastronomie von 23 Uhr bis 6 Uhr verfügt. Als erster Kanton führt Bern zudem für die Proficlubs im Eishockey und Fussball ab sofort wieder Geisterspiele ohne Zuschauer ein. Die Massnahmen sind vorerst auf vier Wochen befristet.

Geschlossen werden im Kanton Bern zudem öffentlich zugängliche Einrichtungen wie Museen, Kinos sowie Sport- und Fitnesscenter, ebenso Bars, Clubs und Discos. Wettkämpfe und Trainings von Mannschaftssportarten unterer Ligen sind nicht mehr gestattet. Nur noch die Proficlubs im Fussball und Eishockey dürfen spielen. Bern hat zudem die Maskenpflicht auf überdachte Räume in Aussenbereichen, namentlich die Lauben, ausgedehnt.

.....und in der Westschweiz

Auch die Westschweiz hat weitgehende Versammlungsverbote beschlossen. Ansammlungen von mehr als 5 Personen (GE) respektive 10 Personen (NE, FR, VD) oder 15 Personen (JU) im öffentlichen und privaten Raum sind verboten; ausgenommen sind religiöse Zeremonien und Beerdigungen und Anlässe von überwiegendem öffentlichen Interesse wie Gemeindeversammlungen oder Parlamentssitzungen.

Der Breiten- und Freizeitsport wird auch in der Romandie weitgehend lahmgelegt. Mannschafts- und Kontaktsportarten wie Fussball, Eishockey, aber auch Tanz und Chorproben sind untersagt. Im Kanton Freiburg und im Kanton Genf bleibt Profisport vor höchstens 1000 Zuschauern erlaubt, ebenso in der Waadt.

Freizeitlokale wie Clubs, Bars, Discos, Casinos, Fitnesscenter (Ausnahme: GE) oder Schwimmbäder werden geschlossen. Für Restaurants gilt ab 22 Uhr (JU) respektive 23 Uhr (NE, FR, GE) oder Mitternacht (VD) eine Polizeistunde. Dazu kommt neu eine Maskenpflicht an Messen und auf Märkten. In Spitälern und Pflegeheimen werden Besuche streng begrenzt.

Im Kanton Jura gilt die Maskenpflicht auch an den Arbeitsplätzen in der öffentlichen Verwaltung und in privaten Unternehmen. Im Kanton Neuenburg müssen Lehrpersonen an den obligatorischen Schulen im Unterricht eine Maske tragen. Die Massnahmen treten alle im Laufe des Wochenendes in Kraft.

Auch Luzern und Solothurn verschärfen

Auch Luzern handelte am Freitag: Wer am Arbeitsplatz oder im Auto nicht allein ist, muss neu eine Maske tragen, in Spitälern und Altersheimen gilt ein Besuchsverbot. In Restaurants und Clubs ist zudem neu um 23 Uhr Schluss, Bordelle bleiben zu. Untersagt sind ebenso Messen und Gewerbeausstellungen.

Der Kanton Solothurn wiederum hat ein Verbot für Grossanlässe mit über 1000 Personen bis Ende Januar beschlossen. Bereits erteilte Bewilligungen hat er widerrufen.

Zürich wartet ab

Noch zuwarten will dagegen der Kanton Zürich. Der Zürcher Regierungsrat hat am Freitag angekündigt, vorerst lediglich die neuen Massnahmen des Bundesrates konsequent umzusetzen. Der Kanton will abwarten, wie sich diese Massnahmen auswirken, und was der Bundesrat kommende Woche beschliesst. Sicherheitsdirektor Mario Fehr sprach sich gegen "hektische Entscheide" aus.

Offenbar laufen in einigen Kantonen wieder Anfragen an den Bund für den Einsatz der Armee, insbesondere zur Bewältigung von eventuellen Engpässen in den Spitälern. Welche Kantone ein Gesuch vorbereiten, wollte Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD), am Freitag vor den Bundeshausmedien nicht sagen.

Insgesamt gibt es in der Schweiz gemäss Stettbacher derzeit 1175 Intensivbetten. Davon seien 732 belegt, 144 durch Covid-Patienten (19,7 Prozent). Auf den Intensivstationen beläuft sich die Reserve auf insgesamt 342 Betten (31 Prozent).

Bei der Taskforce des Bundes geht man laut Ackermann davon aus, dass die Kapazität der Spitäler bei den Intensivbetten zwischen dem 5. und 18. November erreicht sein wird.

Weitere Absagen

Wegen der steigenden Infektionen mit dem Coronavirus sind am Freitag weitere Absagen von Anlässen bekannt geworden. So fallen etwa der Zukunftstag vom 12. November und die Jugendsession vom 5. bis 8. November ins Wasser.

Die Sondersession des Nationalrats am Donnerstag und Freitag kommender Woche soll dagegen laut den Parlamentsdiensten wie geplant durchgeführt werden. Die Verwaltungsdelegation hat für das Bundeshaus ab sofort eine generelle Maskentragpflicht beschlossen.

(AWP)