Angesichts von wirtschaftlichen Erholungstendenzen nach dem Coronavirus-bedingten Einbruch waren die deutschen Staatspapiere im vergangenen Monat unter Druck geraten. Das liess einige Analysten eine baldige Rückkehr der Bundrendite - die seit einem Jahr unter null liegt - in den positiven Bereich erwarten. Doch stattdessen kam die Angst vor einer zweiten Welle an Neuinfektionen auf, so dass Anleger Aktien abstießen und sich sicheren Häfen wie Bunds zuwandten.

Nun stehen die Fondsmanager vor einem Dilemma. Die Wirtschaftserholung, eine verstärkte Kreditaufnahme Deutschlands und regionale Konjunkturhilfen sind allesamt Faktoren, die auf höhere Bundrenditen in der Zukunft hindeuten. Doch mit Leerverkäufen von Bunds haben sich Anleger schon früher die Finger böse verbrannt, und manche sind der Ansicht, man solle deutsche Staatspapiere besser nicht anfassen.

“Wir haben keine Position in Bunds”, sagte Patrick Armstrong, Chief Investment Officer bei Plurimi Wealth. “Negative 0,3% sind zum Halten nicht reizvoll, aber auch kein gutes Niveau zum Shorten.”

Negative Renditen bedeuten, dass Anleger Verluste einfahren, wenn sie die Schuldpapiere bis zur Fälligkeit halten. Doch Händler können Geld verdienen, wenn sich die Kurse weiter erholen. Das hat den Bloomberg-Barclays-Indizes zufolge dazu geführt, dass Bundesanleihen seit Anfang 2018 einen Ertrag von mehr als 7% einbrachten - also während der Turbulenzen in der italienischen Politik, des Brexit, der Handelskonflikte und der Pandemie.

Bundesanleihen sind europäisches Risikobarometer

Bundesanleihen gelten als ein europäisches Risikobarometer, weil ihre Kurse generell mit Sorgen über die Stabilität des Euroraums anziehen. Das massive Anleihekaufprogramm der Europäische Zentralbank und der EU-Plan zur Ausgabe gemeinsamer Euro-Schuldpapiere sorgen für Stabilität und einen neuen Herausforderer, mit dem sich die Portfoliomanager zuvor nicht befassen mussten.

“Investoren könnten Bunds durch die Neuemission der Europäischen Kommission ersetzen”, sagte Ross Hutchison, Investment Director im Fixed-Income-Team von Aberdeen Standard Investments. “Wir glauben, dass die Unterstützung der Zentralbanken die Renditen niedrig halten wird. Aber wir glauben nicht, dass Bundesanleihen derzeit ein attraktiver Ort sind, um diese Übergewichtung zu halten.”

Doch angesichts des Risikos einer zweiten Viruswelle und der Zusage der Zentralbanken, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, greifen die Anleger nach längeren Laufzeiten, wo immer sie können. Die Nachfrage nach europäischen Staatsanleihen via Syndikat übertraf letzte Woche mehr als 300 Milliarden Dollar.

Deutschland erhielt bei der Platzierung einer 30-jährigen Anleihe letzte Woche Angebote im Wert von über 30 Milliarden Euro. Es ist die einzige deutsche Laufzeit, die positive Renditen bietet.

“Was Bunds unter anderen defensiven Vermögenswerten einzigartig macht, ist, dass sie Anlegern einen Abwärtsschutz bieten speziell gegen ein Auseinanderbrechen der Eurozone”, sagte Wolfgang Bauer, Fondsmanager bei M&G. Die Nachfrage nach einer solchen Auflösungsabsicherung habe zwar abgenommen, er würde “Bunds aber noch nicht abschreiben”.

Schwelende Risiken

Der beispiellose Emissionsplan des Staatenverbunds ist noch nicht bestätigt, und die nordeuropäischen Staaten könnten gegen die Pläne aufbegehren. Zuletzt hatte Österreich seinen Widerstand dagegen erklärt, für die Wiederbelebung der schwer in Mitleidenschaft gezogenen Länder Südeuropas finanziell geradezustehen.

Zudem gibt es noch eine ganze Reihe globaler Risiken, die Bunds stützen könnten. Die Möglichkeit eines No-Deal-Brexit in diesem Jahr, wieder zunehmende Spannungen zwischen den USA und China und die US-Präsidentschaftswahlen sind nur einige der Beispiele.

Das könnte Mark Dowding in die Hände spielen. Der Investmentchef von BlueBay Asset Management erhöht sein Engagement in Bundesanleihen, weil er erwartet, dass die EZB die Renditen niedrig hält. Doch auch er klingt nicht sonderlich begeistert. “Ehrlich gesagt sind wir nicht stark überzeugt”, sagte Dowding. “Letztendlich denken wir, dass die Renditen sich nicht wirklich bewegen werden.”

(Bloomberg)