Aufgrund der epidemiologischen Lage und den weitreichenden Öffnungsschritten am vergangenen Montag werde es vor dem 26. Mai kaum weitere Lockerungen geben, sagte Gesundheitsminister Alain Berset am Mittwoch vor den Medien in Bern. Am 12. Mai will der Bundesrat eine Auslegeordnung vornehmen und allenfalls ein nächstes Öffnungspaket bei den Kantonen in die Vernehmlassung schicken.

Insgesamt gab sich der Vorsteher des Innendepartementes aber einigermassen optimistisch. Eine Normalisierung im Sommer bezeichnete er als realistisch. Allerdings sei das Ziel ehrgeizig, Rückschläge und erneute Verschärfungen seien nicht auszuschliessen.

Alles hänge von der Impfbereitschaft der Menschen, der Einhaltung der Schutzmassnahmen und dem Impftempo ab. Gleichzeitig appellierte Berset erneut an die Bevölkerung, weiterhin vorsichtig zu sein und die jüngsten Lockerungen nicht als Freipass zu interpretieren. Dass die Bevölkerung bisher sehr gut mitgespielt habe, stimme ihn zuversichtlich, so Berset. "Wir haben vieles in den eigenen Händen."

In drei Phasen zurück zur Normalität

Für die langfristige Planung habe der Bundesrat ein Drei-Phasen-Modell bei den Kantonen in die Konsultation geschickt. Es besteht aus einer Schutzphase, einer Stabilisierungsphase und einer Normalisierungsphase.

Gemäss dem vorgestellten Szenario befindet sich die Schweiz derzeit noch in der Schutzphase. Diese Phase gilt so lange, bis alle impfwilligen, besonders gefährdeten Personen mit zwei Dosen vollständig geimpft sind. Bis dahin müssen die Massnahmen aufrecht erhalten werden. Der Bundesrat geht davon aus, dass die erste Phase Ende Mai abgeschlossen sein wird.

Solange dürften auch die Innenbereiche der Restaurants geschlossen bleiben. Man habe jedoch am Montag mit der Öffnung der Aussenbereiche der Restaurants einen wichtigen Schritt gemacht, so Berset.

Grossveranstalter müssen warten

Danach folgt die Stabilisierungsphase, die so lange dauert, bis alle erwachsenen Personen in der Schweiz, die sich impfen lassen möchten, geimpft sind. Bei einer Impfbereitschaft von 60 Prozent rechnet der Bundesrat, dass dies Ende Juli der Fall sein wird.

Die Homeoffice-Pflicht will der Bundesrat in dieser Phase - also frühestens ab Ende Mai aufheben. Die Pflicht soll aber nur dann in eine Empfehlung umgewandelt werden, wenn die Betriebe ein Testkonzept vorlegen.

Ebenfalls möglich werden sollen der Zugang zu Bars und Diskotheken sowie Grossveranstaltungen. Dies allerdings nur für geimpfte, genesene oder getestete Personen. Erste Diskussionen hat der Bundesrat am Mittwoch laut Berset geführt. Pilotveranstaltungen für Grossveranstaltungen seien aber "ziemlich kompliziert" auf die Beine zu stellen. Der Bundesrat werde "hoffentlich bald" dazu Stellung nehmen können.

Kein Impfzwang, aber Privilegien

Schliesslich folgt nach der Impfung aller Erwachsener die Normalisierungsphase mit der weitgehenden Aufhebung der Massnahmen. Der Bundesrat ist der Meinung, dass in dieser Phase keine starken gesellschaftlichen Massnahmen mehr zu rechtfertigen sind. Dies würde bedeuten, dass auch die Maskentragepflicht, Abstandsregeln sowie die Kapazitätsbeschränkungen aufgehoben werden.

Sollten sich nach dieser Phase erneut viele Menschen anstecken, behält sich der Bundesrat vor, gewisse Massnahmen erneut einzuführen - dies allerdings nur für all jene Menschen, die nicht geimpft sind.

Berset betonte erneut, dass es in der Schweiz auch gegen das Coronavirus keinen Impfzwang geben werde. Gleichzeitig verteidigte er Privilegien für Geimpfte, Getestete und Genesene mittels des geplanten Covid-Zertifikats. Geimpfte würden dazu beitragen, die Epidemie einzudämmen. Deshalb erachtete er Privilegien für entsprechende Personen für gerechtfertigt.

Für den Bundesrat sei es nicht vertretbar, weitreichende Massnahmen aufrecht zu erhalten, weil "gewisse Leute sich nicht impfen lassen wollen. Das geht nicht."

Das Covid-19-Zertifikat, das diese Privilegien ermöglicht, soll im Juni zur Verfügung stehen, wie Berset sagte. Der Bund arbeite intensiv an dieser Lösung. Der Entscheid, mit welchem Unternehmen der Impfausweis ausgearbeitet werden soll, werde in den nächsten Tagen fallen.

Keine Fehler bei Impfstoffbeschaffung

Angesprochen auf die schleppende Impfkampagne stellte Berset in Abrede, die Schweiz habe bei der Impfstoffbeschaffung Fehler gemacht. Er sei insgesamt "stark beeindruckt" über die Fortschritte in diesem Bereich.

Klar befinde man sich in einer Krisensituation, aber für ältere Menschen habe man schon sehr positive Wirkungen erreicht. Und bereits Ende Dezember seien in der Schweiz die zwei besten vorhandenen Impfstoffe, die es gebe, zur Verfügung gestanden.

(AWP)