Die Bewegungsfreiheit der Bürger ist ab Dienstag im ganze Land eingeschränkt, nicht mehr nur in den am stärksten betroffenen Regionen im Norden. Reisen sind nur noch erlaubt, wenn sie beruflich, medizinisch oder durch einen Notfall begründet sind. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft will die Regierung in Rom mit einem Maßnahmenpaket im Volumen von rund zehn Milliarden abfedern. In Deutschland halten führende Wirtschaftsforscher eine Rezession für nicht mehr vermeidbar. Wirtschaftsminister Peter Altmaier setzt auf eine Verlangsamung der Krankheitsausbreitung, um dies noch abzuwenden.

Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte rief seine rund 60 Millionen Landsleute auf, zu Hause zu bleiben. Alle öffentlichen Versammlungen würden verboten, Sportveranstaltungen ausgesetzt, sagte Conte. Die Schließung von Schulen und Universitäten werde landesweit bis zum 3. April verlängert. Bis dahin gelten auch die neu angeordneten Maßnahmen. Dazu gehört ebenfalls, dass Gaststätten um 18.00 Uhr schließen müssen. "Unsere Gewohnheiten müssen sich ändern", sagte Conte. Zum Wohle Italiens müsse auf bestimmte Dinge verzichtet werden. "Wir haben keine Zeit." Die Zahl der Infektionen und Todesfälle sei deutlich gestiegen.

Italien ist in Europa zum Brennpunkt der Ende 2019 in China ausgebrochenen Krankheit geworden. Seit am 21. Februar in der Nähe der Finanzmetropole Mailand erste Infektionen bestätigt worden waren, ist die Zahl der Patienten auf mehr als 9100 gestiegen. Über 460 Menschen starben.

In der Euro-Zone hat Italien nach Griechenland den höchsten Schuldenberg

Die geplanten Wirtschaftshilfen dürften das italienische Haushaltsdefizit auf knapp unter drei Prozent der Wirtschaftsleistung ansteigen lassen, sagte Industrieminister Stefano Patuanelli. Erst vergangene Woche hatte das Finanzministerium mitgeteilt, dass ein Minus von 2,5 Prozent statt bisher von 2,2 Prozent einkalkuliert werde. Unter den Ländern der Euro-Zone hat Italien nach Griechenland den höchsten Schuldenberg. Für italienische Verbraucher werden Ratenzahlungen auf Hypotheken ausgesetzt. Damit werde auf die Belastungen reagiert, die die Bürger durch die Krankheitswelle haben, sagte eine Vertreterin des Wirtschaftsministeriums.

Neben der Bewegungseinschränkung im Land erfahren die Italiener auch zunehmend von außen Isolation. So gab Österreich für das Nachbarland eine volle Reisewarnung aus, die in der Regel nur in besonderen Krisensituationen wie beispielsweise kriegsähnlichen Zuständen ausgerufen wird. Österreichern wurde dringend empfohlen, aus Italien zurückzukommen. Das deutsche Robert-Koch-Institut teilte mit, es werde im Laufe des Tages ganz Italien als Risikogebiet einstufen. Der Italien vorgelagerte Inselstaat Malta stoppte alle Verbindungen im Personenverkehr. Norwegian Air setzte die Flüge aus.

Für die Bundesrepublik erwartet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) wegen der Epidemie eine Rezession, wie DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen der Funke Mediengruppe sagte. Ähnlich äußerte sich der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, in der "Augsburger Allgemeinen". Altmaier sagte im ZDF, es komme jetzt vor allem darauf an, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. "Je langsamer er sich ausbreitet, desto größer ist die Chance, dass wir auch im zweiten Halbjahr eine Rezession verhindern." Er signalisierte die Bereitschaft zu weiterer Unterstützung der Wirtschaft.

In Foggia in Süditalien fuhrenam Montag Armee-Panzer durch die Stadt, nachdem rund 50 Insassen aus einem Gefängnis geflohen waren.

(SDA/AWP)