Gegen den Willen der Ratslinken stimmte die grosse Kammer mit 116 zu 57 Stimmen bei fünf Enthaltungen respektive mit 116 zu 54 Stimmen bei acht Enthaltungen zwei gleichlautenden Vorstössen der Ständeräte Andrea Caroni (FDP/AR) und Beat Rieder (Mitte/VS) zu. Der Ständerat hatte die Motionen in der Herbstsession 2021 angenommen. Der Bundesrat muss nun Vorschläge zur Umsetzung machen.

Staatliche Unternehmen hätten oft die längeren Spiesse als private Unternehmen, argumentieren die beiden Motionäre. Die Vorteile lägen etwa in der Finanzierung, der Besteuerung oder der Quersubventionierung. Caroni und Rieder verlangen daher, dass mit Gesetzesänderungen die Wettbewerbsverzerrungen durch Staatsunternehmen eingedämmt werden. Dabei sollen die föderalistischen Zuständigkeiten beachtet werden.

Im vergangenen Jahr hatte das Thema auch ausserhalb des Politbetriebs für Gesprächsstoff gesorgt. So übernahm etwa die Post in den vergangenen Monaten den Cloud-Anbieter "Tresorit", den Anbieter von digitalen Werbeplattformen "Livesystems" und die Administrationshilfe "Klara".

Gerade in letzterem Fall wurde in den Medien der Vorwurf laut, dass die Post ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche. Post-Chef Roberto Cirillo wandte damals ein, die Post müsse sich auf den digitalen Wandel einstellen, um trotz rückläufiger Erträge in der Briefpost die Grundversorgung finanzieren zu können.

"Über die Stränge geschlagen"

Zu viele Beispiele belegten, dass Staatsunternehmen in den vergangenen Jahren "über die Stränge geschlagen hätten", sagte Thomas Burgherr (SVP/AG) namens der Mehrheit der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N). Sie sollten sich auf den Service Public konzentrieren. Neben der Post seien etwa auch die Swisscom oder kantonale Gebäudeversicherungen genannt worden.

Eine Minderheit aus Vertreterinnen und Vertretern von SP und Grünen in der Kommission lehnte die Motionen ab. Der Staat habe schon heute die Möglichkeit, über die Eignerstrategie und die strategischen Ziele Einfluss zu nehmen.

Regula Rytz (Grüne/BE) bestritt nicht, dass es ein Problem gebe. Die Motionen seien aber kein effizienter Weg, dieses zu lösen. Kein neues Gesetz könne Fehlentwicklungen wie etwa jene bei der Postauto AG verhindern. Stattdessen brauche es eine effiziente Aufsicht und realistische Zielvorgaben.

SP sieht ideologische Zwängerei

Cédric Wermuth (SP/AG) sprach von einer Zwängerei. Schon heute gebe es für öffentliche Unternehmen gesetzliche Vorgaben. Einigen im Rat passe jedoch offenbar die relativ effiziente Aufgabenerfüllung durch öffentliche Unternehmen aus ideologischen Gründen nicht. Wer ein anderes Verhalten von Service-Public-Unternehmen wolle, solle statt des Wettbewerbsrechts deren Auftrag ändern, forderte Wermuth.

Der Bundesrat empfahl die Ablehnung der Motionen. Trotz aller Massnahmen könnten bei der Tätigkeit der Staatsunternehmen gewisse Wettbewerbsverzerrungen auftreten. Solche Verzerrungen seien jedoch untrennbar mit der staatlichen Unternehmertätigkeit verbunden. Der Bundesrat sehe daher keinen Handlungsbedarf auf gesetzlicher Ebene.

Der Landesregierung sei fairer Wettbewerb wichtig, betonte Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Dass öffentliche Unternehmen auch in umkämpften Märkten tätig seien, sei jedoch der Wille des Gesetzgebers. Und gezielte Massnahmen seien schon heute möglich.

Parmelin meldete zudem Vorbehalte an, was die föderalistische Kompetenzaufteilung angeht. Es sei nicht klar, ob sich die Vorstösse nur auf Bereiche bezögen, in denen der Bund zuständig sei.

(AWP)