In einem ersten Schritt wurde der Zwist über staatliche Subventionen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing für fünf Jahre auf Eis gelegt. Damit bleiben gegenseitige Strafzölle ausgesetzt. Beide Seiten äusserten sich zuversichtlich, dass in dieser Zeit eine endgültige Lösung gefunden werden kann. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte am Dienstag in Brüssel auch baldige Fortschritte im Stahl- und Aluminiumbereich in Aussicht. Vertreter der deutschen Wirtschaft und der Bundesregierung äusserten die Hoffnung, mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden auch einen umfangreichen Abbau von Handelshemmnissen angehen zu können.

Biden und von der Leyen sprachen nach einem Treffen in Brüssel von einem Durchbruch im Subventionsstreit. "Wir hatten ein exzellentes Meeting", sagte die Deutsche. Nun könne ein neues Kapitel in den transatlantischen Beziehungen aufgeschlagen werden. Der Subventionsstreit sei der längste in der Geschichte der Welthandelsorganisation WTO - er reicht fast 17 Jahre zurück. Biden sagte, die USA und die EU würden nun stärker kooperieren, um unfaire Handelspraktiken Chinas zu parieren.

"Aus der Perspektive von Airbus begrüssen wir das eindeutig", sagte der Verkaufschef des europäischen Flugzeugbauers, Christian Scherer. Alles sei gut, was für gleiche Spielregeln in der hochgradig im Wettbewerb stehenden Branche sorge und Zölle vermeide, die auf beiden Seiten zu Verlusten führten.

Industrie hofft auf Freihandelsabkommen

Verloren gegangenes Vertrauen könne nun wiederhergestellt werden, sagte der Präsident des Grosshandelsverbandes BGA, Anton Börner. "Der Gipfel bietet die Chance, gemeinsam eine Agenda auf den Weg zu bringen, die sich auf den Abbau von Handelshemmnissen konzentriert und sicherstellt, dass die Volkswirtschaften auf beiden Seiten des Atlantiks stärker und widerstandsfähiger aus der Pandemie hervorgehen. Dafür bedarf es auch einer Perspektive für ein neues transatlantisches Handelsabkommen."

Ähnlich äusserte sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier: "Diese Einigung ist ein wichtiges Signal für die transatlantische Zusammenarbeit und den Neustart der transatlantischen Beziehungen", sagte der CDU-Politiker. "Wir brauchen weniger und nicht mehr Zölle, denn Zölle schaden am Ende auf beiden Seiten des Atlantiks. Die heutige Verständigung ist vor allem für die deutschen Exporteure, die mit Sonderzöllen belegt wurden, eine grosse Erleichterung."

Der Demokrat Biden hatte schon vor Beginn des EU/USA-Gipfels klargestellt, einen anderen Weg gehen zu wollen als der Republikaner Donald Trump. "Ich habe ganz andere Ansichten als mein Vorgänger." Trump hatte vor allem gegen China, aber auch gegen die EU, Sonderzölle verhängt. Eine Spirale mit immer neuen Zöllen war die Folge.

Die neue US-Handelsbeauftragte Katherine Tai hatte den Subventionsstreit am Montag in ihrem ersten persönlichen Treffen mit ihrem EU-Kollegen Valdis Dombrovskis diskutiert. Ein Insider sagte, das Erreichen einer weitergehenden Einigung habe sich angesichts von Tausenden Seiten an Dokumenten aber als komplex erwiesen. Tai sagte am Dienstag in Brüssel, es gebe nun einen ganz anderen Ansatz - Zusammenarbeit statt Gerichtsverfahren. "Wir legen unsere Prozess-Aktenkoffer zur Seite." Dombrovskis ergänzte, fünf Jahre dürften genug Zeit sein, um den Konflikt endgültig zu beenden.

Sonderzölle auf Waren im Wert von 11,5 Milliarden Dollar waren allein seit 2019 unter Trump schrittweise eingeführt worden. Zuvor hatten die USA und die EU jeweils Teilsiege bei der WTO errungen, was die wechselseitigen Vorwürfe zu den Hilfen für die beiden Flugzeugbauer angeht.

Nächste Baustelle: Stahl- und Aluzölle

Von der Leyen stellte auch im Handelsstreit über Sonderzölle im Stahl- und Aluminiumbereich Fortschritte in Aussicht. Es seien Arbeitsgruppen dazu mit der US-Regierung eingerichtet worden. Ziel sei es, so schnell wie möglich eine Lösung zu finden. Hier werde es hoffentlich in den nächsten Monaten vorangehen. Bundesaussenminister Heiko Maas sagte RTL/ntv, die Strafzölle beider Seiten müssten schnellstmöglich vom Tisch. "Das ist ja keine Art, wie man unter Wertepartnern miteinander umgeht." Bei Aluminium und Stahl komme die EU den Amerikanern entgegen. "Also die Richtung stimmt absolut."

(Reuters)