Das Schiff sei in einen Unfall mit einem iranischen Fischerboot verwickelt gewesen und habe dessen Notruf ignoriert, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Fars am Samstag. Grossbritannien wies diese Darstellung zurück. Aussenminister Jeremy Hunt warnte den Iran vor einem gefährlichen Kurs. Verteidigungsministerin Penny Mordaunt sprach von einem "feindlichen Akt" der Iraner. Die deutsche Bundesregierung forderte eine sofortige Freilassung des Schiffs und der Besatzung. Die USA kündigten derweil die Entsendung von Soldaten in die Region an.

Der britische Aussenminister zeigte sich in einem Telefonat mit seinem iranischen Kollegen Mohammad Dschawad Sarif "extrem enttäuscht", wie Hunt nach dem Gespräch twitterte. Sarif habe ihm erst am vergangenen Samstag versichert, dass die Iraner zu einer Entspannung der Lage beitragen wollten. "Sie haben das Gegenteil getan." Wenn eine Lösung gefunden werden solle, zählten Taten, nicht Worte. Er sei besorgt, dass der Iran scheinbar einen "gefährlichen Weg des illegalen und destabilisierenden Verhaltens" einschlagen habe, nachdem die Briten rechtmässig einen iranischen Tanker vor Gibraltar festgesetzt hätten. Hunts Ministerium bestellte den diplomatischen Vertreter des Iran in London ein.

Iran: Besatzung darf Schiff vorerst nicht verlassen

Der iranische Aussenminister Sarif beharrte in dem Gespräch mit Hunt darauf, dass der Tanker gegen Schifffahrtsregeln verstossen habe. Deshalb seien juristische Untersuchungen notwendig, sagte Sarif der Nachrichtenagentur ISNA zufolge. Die iranischen Revolutionsgarden hatten den Tanker, der auf dem Weg in einen saudiarabischen Hafen war, am Freitag kurz hinter der Strasse von Hormus gestoppt. Er wurde in die Stadt Bandar Abbas gebracht, teilten die iranischen Behörden mit. Die Besatzung der "Stena Impero" dürfe bis zum Ende der Untersuchung das Schiff nicht verlassen.

Die halbstaatliche Nachrichtenagentur Tasnim verbreitete ein Video, auf dem zu sehen ist, wie das Schiff vor Anker liegt. Der Agentur ISNA zufolge erklärten die iranischen Behörden, der Tanker habe keine Fracht an Bord gehabt. Von den 23 Crew-Mitglieder seien 18 Inder. Die indische Regierung teilte mit, sie bemühe sich aktiv darum, dass ihre Staatsbürger freigelassen würden und in ihre Heimat zurückkehren könnten.

Die Strasse von Hormus zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman gehört zu den wichtigsten Schifffahrtswegen weltweit. Ein Fünftel der globalen Erdöltransporte werden durch die Meerenge verschifft. Zuletzt kam es hier vermehrt zu Zwischenfällen mit Öltankern, für die die USA den Iran verantwortlich machten. Grossbritannien hatte zunächst erklärt, ausser der "Stena Impero" sei ein zweiter Tanker vom Iran festgesetzt worden. Die "Mesdar" wurde nach Angaben der Reederei aber am Freitagabend wieder freigegeben.

Deutsche Bundesregierung: Weitere Eskalation wäre sehr gefährlich

Die deutsche Bundesregierung verurteilte die Festsetzung des Tankers "auf das Schärfste". "Dies ist ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die zivile Schifffahrt, der eine ohnehin angespannte Lage gefährlich weiter verschärft", erklärte das Berliner Aussenministerium. "Eine weitere regionale Eskalation wäre sehr gefährlich. Sie würde zudem alle laufenden Bemühungen um einen Ausweg aus der derzeitigen Krise unterminieren." Ähnlich äusserte sich die französische Regierung.

US-Präsident Donald Trump kündigte an, mit der Regierung in London über den neuen Vorfall zu sprechen. Das US-Militär will zudem erstmals seit der Irak-Invasion im Jahr 2003 wieder Soldaten in Saudi-Arabien stationieren. Die Entsendung von rund 500 Soldaten sei Teil der bereits angekündigten Truppenverstärkung in der Region, hiess es in US-Militärkreisen.

Die Spannungen am Persischen Golf und insbesondere zwischen dem Iran und den USA haben erheblich zugenommen, seit Trump das internationale Atomabkommen mit dem Iran im vergangenen Jahr einseitig aufgekündigt hat. Dies schürte die Furcht, dass es zu einer militärischen Konfrontation kommen könnte. Nach dem Abschuss einer US-Aufklärungsdrohne durch den Iran im Juni hatte Trump nach eigenen Angaben einen Vergeltungsschlag erst kurzfristig gestoppt, weil die Zahl der Todesopfer unverhältnismässig gewesen wäre.

Am Donnerstag hatten die USA den Abschuss einer iranischen Drohne gemeldet, doch die Führung in Teheran widersprach dem umgehend. Trump will den Iran zu einem weiterreichenden Abkommen über sein Atom- und Raketenprogramm zwingen. Dazu verhängte er neue Sanktionen, die die Wirtschaft der Islamischen Republik schwer zusetzen. Die übrigen Vertragsstaaten Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, China und Russland wollen das Atomabkommen mit dem Iran erhalten.

(Reuters)