Angesichts rasant aufwertender riskanterer Devisen und einem Kursrutsch des US-Dollars werden Strategen zufolge Sorgen vor der Zeit nach der Pandemie geweckt. Denn die wiedererwachte Risikofreude lotst jede Menge Geld in die Schwellenländer. Dort sehen Investoren Chancen auf höhere Renditen als in den Industrieländern, zumal dort die Zinsen bei Null liegen und Anleihen kaum noch etwas abwerfen. Bereits seit Juni geht es für viele Währungen der Schwellenländer aufwärts. Der entsprechende Index legte im November so stark zu wie seit fast zwei Jahren nicht mehr. Sollte das Barometer auch im Dezember steigen, wäre es die längste Gewinnserie seit 2012.

"Ich denke, das Wort Währungskrieg wäre im Moment noch etwas zu dramatisch, aber man kann sagen, dass die ersten Warnschüsse schon gefallen sind", sagte der UBS-Chefstratege für Schwellenländer Manik Narain. "Und wenn die Stärke bei den Währungen andauert, könnten die Länder stärker zurückschlagen." Schon jetzt haben etwa Südkorea, Taiwan oder Thailand am Devisenmarkt eingegriffen oder andere Schritte eingeleitet, um zu verhindern, dass die Aufwertung ihrer Währungen die Erholung der Wirtschaft ausbremst.

Seit Juni werteten Währungen wie der mexikanische Peso, der südafrikanische Rand oder die Währungen von China, Taiwan und Südkorea zwischen fünf und zwölf Prozent auf. Nach Berechnungen des Institut für internationale Finanzen (IIF) flossen allein im vergangenen Monat 40 Milliarden Dollar in Schwellenländer-Aktien und 37 Milliarden Dollar in Anleihen, das ist so viel wie nie zuvor. "Wenn man sich ansieht, wo mögliche Währungskriege ausbrechen können, dann wären das die Märkte, in die das meiste Geld geflossen ist", sagte Pramol Dhawan, bei der Vermögensverwaltung Pimco zuständig für die Verwaltung der Schwellenländer-Fonds.

Abwertungswettlauf einläuten

Wertet eine Währung auf, leidet üblicherweise die Exportwirtschaft, weil sie ihre Waren nicht mehr so gut am Weltmarkt verkaufen kann. In diesem Dilemma steckende Volkswirtschaften könnten dann einen Abwertungswettlauf einläuten, um die eigene Haut auf Kosten anderer Länder zu retten. Doch wie schwer die Schäden für die Wirtschaft ausfallen hängt nicht in erster Linie vom Niveau einer Währung ab, sondern der Frage, wie schnell es aufwärts geht.

Als Brasiliens Finanzminister Guido Mantega im September 2010 von einem Währungskrieg sprach, hatte der Dollar binnen drei Monaten mehr als zehn Prozent verloren - und bis Juni 2011 sogar 17 Prozent. Diesmal sind es rund elf Prozent in acht Monaten. Experten gehen davon aus, dass es im kommenden Jahr weiter abwärts geht - Morgan Stanley sagt weitere zehn Prozent voraus, die Citigroup sogar einen Rekordverlust von 20 Prozent.

Robin Brooks, Chefvolkswirt beim IIF, bezweifelt, dass dies alleine einen Währungskrieg auslösen dürfte. Denn wenn man sich den Zeitpunkt seit Jahresauftakt ansieht, liegen die Währungen der Schwellenländer insgesamt immer noch rund fünf Prozent im Minus, bei einzelnen wie dem Real oder der türkischen Lira ist es deutlich mehr. "Ganz ehrlich, wenn ich Notenbanker in einem Schwellenland wäre, würde ich mich über jeden Tag freuen, an dem meine Währung aufwertet", sagte Brooks. Denn in diesem Fall werde es günstiger, Dollar-Kredite zurückzuzahlen. Und in der Tat kann Insidern zufolge China im Aufschwung mit einer starken Währung vorerst gut leben.

Und trotzdem steigen die Spannungen. Denn es sind nicht nur Schwellenländer, die aufwerten, sondern auch Euro und Yen. Die Experten der Commerzbank halten es für möglich, dass die Euro-Hüter der Europäischen Zentralbank (EZB) deswegen tätig werden: "Die Bewegung der letzten Tage könnte der EZB zu schnell gewesen sein und sie daher zu Kommentaren veranlassen, die den Euro schwächen", sagte You-Na Park-Heger, Expertin bei der Commerzbank. Und auch in Thailand wächst die Nervosität: "Wir machen uns Sorgen wegen der Geschwindigkeit", sagte Notenbankchef Sethaput Suthiwart-Narueput. "Das hat mit uns nichts mehr zu tun."

(Reuters)