"Nach dem gestrigen Video muss ich sagen, genug ist genug", sagte Kurz am Samstag in Wien. Die FPÖ schade dem politischen Ansehen des Landes, sagte er mit Blick auf ein Video, in dem Strache vor der Parlamentswahl 2017 einer vermeintlichen russischen Millionärin Regierungsaufträge als Gegenleistung für Wahlkampfhilfen in Aussicht stellt.

Strache selbst hatte als Konsequenz aus der Veröffentlichung des Videos seinen Rücktritt angeboten, den Kurz annahm. Der Kanzler sagte, er werde Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen vorschlagen, so rasch wie möglich Neuwahlen anzusetzen. In Medien wurde der 22. September als möglicher Termin genannt.

Mit Blick auf Äusserungen des Vizekanzlers im Video sagte Kurt, wirklich schwerwiegend seien "die Ideen des Machtmissbauchs" und die Ideen zum Umgang mit österreichischen Steuergeldern. Er habe in Gesprächen mit Vertretern der rechtspopulistischen FPÖ nicht den Eindruck gewonnen, dass ein Wille da sei, die Partei zu ändern. Dies sei aber notwendig.

Mit den Äusserungen des Kanzlers ist die Koalition zwischen ÖVP und FPÖ nach rund eineinhalb Jahres auseinander gebrochen. Den ganzen Tag über hatten Tausende Demonstranten vor dem Kanzleramt in der Wiener Innenstadt lautstark für ein Ende der Koalition demonstriert.

Vertrauen wiederherstellen

"Wir brauchen einen Neuaufbau des Vertrauens und der geht nur mit Neuwahlen", sagte Bundespräsident Van der Bellen. Die Bilder von FPÖ-Chef Strache würden ein "verstörendes Sittenbild" zeigen, das dem Land nicht gerecht werde. Er wolle am Sonntag die weiteren Schritte besprechen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel verwies bei einem Wahlkampfauftritt zur Europawahl auf die gemeinsame europäische Wertebasis und sagte mit Blick auf den Skandal: "Wir haben es mit Strömungen, populistischen Strömungen zu tun, die in vielen Bereichen diese Werte verachten, die das Europa unserer Werte zerstören wollen." Dem müssen man sich entschieden entgegenstellen. Es gehe nicht, dass Minderheiten nicht geschützt würden, dass elementare Menschenrechte infrage gestellt würden, dass Käuflichkeit von Politik eine Rolle spiele. Der EVP-Spitzenkandidat für die Europawahl, Manfred Weber, warf den Rechtspopulisten vor, sie würden notfalls ihr Land verkaufen.

Heimlich aufgezeichnetes Video

Auslöser für den Koalitionsbruch war das an den "Spiegel" und an die "Süddeutsche Zeitung" lancierte Video, das heimlich aufgenommen wurde. Es zeigt, wie der FPÖ-Chef während eines Urlaubs auf der Ferieninsel Ibiza der angeblichen Verwandten eines russischen Oligarchen öffentliche Aufträge in Aussicht gestellt hatte, wenn sie der FPÖ zum Wahlerfolg verhelfe.

An dem Gespräch nahm auch der FPÖ-Fraktionsvorsitzende Johann Gudenus teil, der wie Strache am Samstag zurücktrat. Der FPÖ-Chef entschuldigte sich für sein Verhalten, betonte aber, dass es keine illegalen und rechtswidrigen Vorgänge gegeben habe. Beide Medien teilten nicht mit, wer ihnen das Video zugespielt hat.

Strache bezeichnete die Aufnahmen als "politisches Attentat". Es habe bereits des öfteren "Verleumdungskampagnen" gegeben, aber so etwas habe er noch nicht erlebt, sagte der 49-Jährige. Strache erklärte, an jenem Abend sei reichlich Alkohol geflossen, und nannte den Vorfall eine "b'soffene G'schicht". Er bedauere seine Aussagen und bezeichnete sie als "katastrophal und ausgesprochen peinlich". Als seinen Nachfolger nannte er den derzeitigen FPÖ-Vizechef und Infrastrukturminister Norbert Hofer.

(Reuters)