Beide betonen vor ihrer ersten persönlichen Begegnung nach dem Amtsantritt Bidens aber, das Treffen könne zumindest die Grundlage für einen pragmatischen Umgang miteinander schaffen. In vielen Fragen - die Konflikte in der Ostukraine und in Syrien oder der Umgang Russlands mit dem Oppositionspolitiker Alexej Nawalny und die Lage in Belarus - liegen beide Seiten weit auseinander. Es folgt ein Überblick über die Themen, über die Biden und Putin voraussichtlich sprechen werden:

CYBER-KRIMINALITÄT

Angriffe mit sogenannter "Ransomeware" (Erpresser-Software), die Russland zugeschrieben werden, beunruhigen die USA. Die US-Bundespolizei FBI hat bislang allerdings keine Beweise dafür vorgelegt, dass die russische Regierung in die Angriffe etwa auf die Pipeline Colonial verstrickt ist. Russland selbst weist die Vorwürfe als absurd zurück. Biden ist entschlossen, das Thema in Genf zur Sprache zu bringen. Putin hat gesagt, er sei bereit zu kooperieren, wenn auch die USA Erkenntnisse teilten. In diesem Zusammenhang könnte Biden auch mutmaßliche russische Interventionen in die US-Politik ansprechen, die die Regierung in Moskau ebenfalls dementiert.

MENSCHENRECHTE UM DEN FALL NAWALNY

Biden hat angekündigt, dass seine Regierung in der globalen Einhaltung der Menschenrechte einen Schwerpunkt legen will. Dabei sollen Verstöße offen angesprochen werden. Wiederholt haben die USA den Umgang Russlands mit Nawalny kritisiert und dessen Freilassung gefordert. Der Kreml betont, dies sei eine innere Angelegenheit Russlands. Man werde sich auch nicht von einem Land belehren lassen, das selbst Probleme mit der Einhaltung der Menschenrechte habe.

NUKLEARWAFFEN

Die beiden weltgrößten Atommächte streben eine weitere Rüstungskontrolle und ein stabiles Verhältnis ihrer beiden Streitkräfte an. Im Februar hatten die Kontrahenten daher den Neuen Start-Vertrag verlängert, der die Zahl der strategischen Nuklearköpfe, Raketen und Kampfbomber limitiert. Moskau will den Vertrag auf neuere Systeme ausweiten und strebt eine lange Laufzeit an. Zudem will Russland nach Ablauf des INF-Vertrag 2019 eine neue Vereinbarung treffen, keine landgestützten Kurz- und Mittelstrecken-Nuklearraketen in Europa mehr zu stationieren.

UKRAINE

Nach der russischen Annexion der Krim 2014 sind die USA einer der engsten Verbündeten der Ukraine. Nach dem als völkerrechtswidrig bewerteten Schritt sind die Beziehungen des Westens zur Regierung in Moskau auf einen Tiefpunkt seit Ende des Kalten Kriegs gesunken. Die USA und die Europäische Union bestehen darauf, dass Russland die Krim an die Ukraine zurückgibt und der Regierung in Kiew die Kontrolle über das gesamte Land überlässt - einschließlich des Ostens, der von prorussischen Separatisten beherrscht wird. Der Nato-Gipfel hatte am Montag bekräftigt, dass die Ukraine Mitglied der Allianz werden könne. Biden fordert von der Regierung in Kiew aber, mehr gegen Korruption zu unternehmen und auch andere Kriterien für einen Beitritt zu erfüllen.

Putin hat klargemacht, dass die Ukraine für ihn eine "rote Linie" darstelle. Dies betreffe eine Mitgliedschaft des Landes in der Nato genauso wie die Tatsache, dass die Krim russisch sei. Die Regierung in Kiew hat der russische Präsident aufgefordert, direkt mit den Separatisten im Osten über die Einheit des Landes zu verhandeln.

BOTSCHAFTER UND DIPLOMATISCHER DIENST

Der Status der bilateralen diplomatischen Beziehungen ist ein Gebiet, bei dem es Fortschritte geben könnte. Russland hatte im März seinen Botschafter in Washington zurückgerufen, nachdem Biden in einem Interview Putin als "Killer" bezeichnet hatte. Im April war der US-Botschafter in Moskau dann zu Konsultationen nach Washington zurückgekehrt. Eine Verständigung, dass beide Botschafter ihre Posten wieder einnehmen, wäre ein Signal für einen Fortschritt in den eingefrorenen Beziehungen. Auch eine Vereinbarung in Visa-Fragen und den Status von Botschaftsmitarbeitern ginge in diese Richtung. Russland hat im Gegenzug von US-Sanktionen die Zahl der US-Diplomaten in Moskau eingeschränkt. Zudem nahm Russland eine Vereinbarung zurück, wonach sich Diplomaten im jeweils anderen Land freier bewegen können.

HÄFTLINGE

Russland hält den früheren US-Soldaten Paul Whelan wegen Spionage-Vorwürfen fest. Zudem sitzt der frühere US-Soldat Trevor Reed wegen eines mutmaßlichen Angriffs auf einen Polizisten in russischer Haft. Beide bestreiten die Vorwürfe. Die Familien der beiden US-Bürger haben im Vorfeld des Gipfels intensiv für deren Freilassung geworben. Gefragt, ob er einen Gefangenenaustausch erwägen würde, antwortete Putin bei NBC News: "Ja." Im Gegenzug zu den früheren US-Soldaten könnte der russische Waffenhändler Viktor Bout und der Pilot Konstantin Jaroschenko aus US-Haft freikommen. Letzterem wird eine Verschwörung zum Kokainschmuggel vorgeworfen. 

(Reuters)