Rückendeckung hatte May zuvor von der heimische Presse bekommen. So druckte die Boulevardzeitung "The Sun" am Freitag eine Fotomontage von zwei bewaffneten Gangstern, die Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und den EU-Ratschef Donald Tusk zeigen sollen. Das Blatt bezeichnete die Politiker als "dreckige Ratten der EU" und schrieb: "Euro-Gangster überfallen May aus dem Hinterhalt".

"Nein, Nein, Nein" schrieb die Zeitung "Metro" auf Deutsch auf ihrer Titelseite. Andere Blätter nannten die Vorgänge in Österreich "demütigend" für May.

"Kein Abkommen ist besser als ein schlechtes Abkommen", betonte die Regierungschefin in London. Darauf müsse sich Grossbritannien vorbereiten. Sie werde weder das Ergebnis des Referendums rückgängig machen noch ihr Land auseinanderbrechen lassen. Darauf liefen die bisherigen Vorschläge der EU aber hinaus.

Sie habe einen dritten Weg vorgeschlagen, sagte May. Es sei nicht akzeptabel, dass dieser abgelehnt werde, ohne dass detaillierte Gründe oder Gegenvorschläge vorgebracht würden.

In zwei Bereichen seien London und Brüssel noch weit auseinander: bei den künftigen Wirtschaftsbeziehungen und in der Frage, wie künftig Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland vermieden werden könnten.

In beiden Fragen will May unnachgiebig sein. Grossbritannien werde nie Brüssels Vorschlag akzeptieren, dass Nordirland in der Zollunion bleibe. Das würde das Auseinanderbrechen des Landes bedeuten. Auch ein Verbleib im Europäischen Wirtschaftsraum sei nicht akzeptabel.

Auf dem informellen EU-Gipfel in Österreich waren Mays Vorschläge am Vortag wieder auf Ablehnung gestossen. Die Europäische Union hatte den Zeitdruck auf May überraschend erhöht. Statt wie von EU-Ratschef Donald Tusk vorgeschlagen eine Verlängerung der Frist bis zu einem Sondergipfel Mitte November zuzulassen, entschied der Gipfel, beim ursprünglichen Plan für Mitte Oktober zu bleiben.

Die Brexit-Verhandlungen verlaufen seit Monaten zäh. Grossbritannien will Ende März 2019 aus der Europäischen Union austreten.

May hat nicht nur Ärger mit der EU, sondern steht auch in ihrer eigenen Partei kurz vor dem Parteitag massiv unter Druck. Sie regiert seit einer verpatzten Neuwahl im vergangenen Jahr mit einer hauchdünnen Mehrheit und ist von Revolten von mehreren Seiten bedroht. Immer wieder wird daher über ihren Rücktritt spekuliert.

EU-Ratspräsident Tusk versuchte am Freitagabend, die Wogen ein wenig zu glätten. Den Vorwurf des mangelnden Respekts liess er aber nicht gelten. Tusk verwies in einer Erklärung darauf, dass er selbst in Salzburg darauf verwiesen habe, dass einige der Vorschläge von May in die richtige Richtung gingen.

Die britische Haltung kurz vor und während des Gipfels in Salzburg sei aber "erstaunlich hart und sogar kompromisslos" gewesen, konstatierte Tusk. Die Reaktion der anderen EU-Mitglieder habe darin bestanden, ihre Position zum Binnenmarkt und zu Grenzkontrollen zwischen Nordirland und Irland zu bekräftigen.

Er sei nach wie vor der Überzeugung, dass es einen Kompromiss geben könne, der gut für alle Seiten. Das sage er als "enger Freund" Grossbritanniens und "wahrer Bewunderer" von Premierministerin May./si/DP/men

(AWP)