Offen bleibt lediglich noch eine Präzisierung bezüglich des Inkrafttretens der Vorlage im Falle der fast sicheren Volksabstimmung über ein Referendum der Linken gegen die Revision. Der Nationalrat möchte, dass das Gesetz bei einer Annahme durch das Volk sicher auf Anfang 2023 in Kraft treten könnte. Der Ständerat dürfte sich diesem Vorschlag anschliessen.

In der Sache selber entschied sich die grosse Kammer, die Differenzen mit dem Ständerat aus der Welt zu schaffen. Dabei ging es insbesondere um die Erträge aus Ersatzzahlungen, die nun nicht nur auf Inländer beschränkt werden sollen. Weiter sollen nur ab 2023 neu herausgegebene Obligationen von der Verrechnungssteuer befreit werden, was zu einer Minderung der ursprünglich berechneten Steuerausfälle führt.

Zudem sollen Anteile von ausländischen Geldmarktfonds von der Stempelabgabe befreit werden. Abgelehnt hat der Nationalrat zwei Minderheitsanträge aus den Reihen der Grünen und der SP: Letztere wehrte sich namentlich gegen die Abschaffung der Stempelsteuer im konzerninternen Verhältnis.

Schleifung ohne Not

Franziska Ryser (Grüne/SG) und Jacqueline Badran (SP/ZH) kritisierten noch einmal generell die "Schleifung" der Verrechnungssteuer ganz ohne Not. Es gehe doch einfach nicht an, dass die bürgerliche Mehrheit ständig "Bestellungen der Kapitaleigentümer durchwinkt". Die Revision sei schon längst aus dem Ruder gelaufen und mit Sachen ergänzt worden, die nichts mit dem ursprünglichen Ziel der Vorlage zu tun habe.

Finanzminister Ueli Maurer hielt den Anwürfen entgegen, die Vorlage halte sich bezüglich Mindereinnahmen und Mehrausgaben letztlich ungefähr die Waage. Entlastungen in diesem Bereich hätten letztlich immer zu mehr Steuersubstrat geführt. Die Linke solle doch weniger Wahlkampf machen und besser über Investitionen in den Standort Schweiz frohlocken.

Mit der Revision will das Parlament den Schweizer Finanzplatz stärken und dafür die Verrechnungssteuer auf inländischen Zinserträgen weitgehend abschaffen und die Umsatzabgabe auf Schweizer Obligationen aufheben. Damit soll es attraktiver werden, inländische Obligationen über einen inländischen Effektenhändler zu erwerben.

Geschäft in die Schweiz zurückholen

Heute werden die Mehrheit der Obligationen, welche aus der Schweiz herausgegeben werden, in den Benelux-Staaten emittiert, weil es dort keine Verrechnungssteuer gibt. So sind laut Maurer die Emissionen von Obligationen um rund 50 Prozent zurückgegangen. Die Schweiz stehe wegen der globalen Harmonisierungsbemühungen im Steuerbereich zunehmend unter Druck. Die Revision der Verrechnungssteuer sei ein Rad, an dem sich noch drehen lasse im Hinblick auf Standortvorteile.

Die Verrechnungssteuer besteuert in der Schweiz Kapitalerträge, Lottogewinne, Leibrenten, Pensionen und Versicherungsleistungen, und die Umsatzabgabe wird auf dem Handel mit bestimmten Wertpapieren erhoben, so auch auf dem Handel mit Obligationen.

Zu den einmaligen Mindereinnahmen von einer Milliarde Franken durch die Revision kommen gemäss Botschaft wiederkehrende "statische" Mindereinnahmen von 170 Millionen Franken. Bei der Milliarde handle es sich aber nicht um Mindereinnahmen, sondern um Rückstellungen, die der Bund für bereits bezahlte Steuern noch schulde.

(AWP)