Die Kolumne «Gopfried Stutz» erschien zuerst im 

Am Mittwoch wird der Nationalrat über eine Mini-AHV-Revision beraten. Das Frauenrentenalter soll jenem der Männer angeglichen und die Mehrwertsteuer in einem ersten Schritt um 0,3 Prozentpunkte erhöht werden. Gewisse Kreise machen geltend, man könne nicht eine Sanierung der AHV allein auf dem Buckel der Frauen austragen.

Das erinnert mich an eine Ausgabe von "10vor10", die schon etliche Monate zurückliegt. Fernsehmoderator Arthur Honegger sagte damals: "Als ich auf die Welt kam, da wurden Frauen noch mit 62 Jahren pensioniert." Und weiter: "Schritt für Schritt gings dann hoch auf heute 64 und künftig – so will es der Bundesrat – auf 65 Jahre." Illustriert wurde seine Moderation mit einem Treppchen, das schön darstellt, wie das Rentenalter der Frauen stetig nach oben angepasst wurde.

Wäre der Gopfried Stutz, ein gutes Stück älter als besagter Moderator, am Moderationspult gestanden, hätte das mit dem Treppchen nicht so dramatisch aufgezeigt werden können. Denn bei meiner Geburt lag das Frauenrentenalter nicht bei 62, sondern bei 65 Jahren – gleich wie bei Männern. Die Treppe hätte bei mir zuerst steil abwärts und dann etwas flach nach oben geführt. Das wollten die Fernsehmacher nicht so zeigen. Es hätte der Geschichte die Brisanz genommen. In unserer Sprache nennt man das einen Storykiller.

Also tauchen wir doch aus aktuellem Anlass in die Geschichte ein: Als 1948 das Bundesgesetz über die AHV in Kraft trat, lag das Rentenalter beider Geschlechter bei 65 Jahren. Erst 1957 wurde das Rentenalter der Frau auf 63 und 1964 auf 62 Jahre gesenkt. So wollte es der soziale Fortschritt. Erst 2001 wurde das Frauenrentenalter auf 63 und 2005 auf 64 Jahre erhöht.

Fairerweise muss man aber auch sagen, dass der 65-jährige Mann bis 1957 in den Genuss einer Ehepaarrente kam, wenn seine Frau 60 Jahre alt war.

Nun könnte man bei einer oberflächlichen Betrachtung zum Schluss kommen, wenn doch die Senkung des Frauenrentenalters als sozialen Fortschritt galt, sei die nun angestrebte Erhöhung um ein Jahr ein sozialer Rückschritt.

Man kann es auch anders sehen: 1964 betrug die Restlebenserwartung von Frauen 18,1 Jahren. Heute hat eine 65-jährige Frau im Schnitt noch 21,9 Jahre vor sich. Frauen können heute länger Renten beziehen als 1964, obschon sie damals bereits mit 62 rentenberechtigt waren.

Die letzte erfolgreiche AHV-Revision reicht 24 Jahre zurück. 1997 wars, als mit der 10. AHV-Revision das Frauenrentenalter schrittweise auf 64 erhöht, Witwerrenten und Einkommenssplitting eingeführt wurden.

2004 stimmten wir erstmals übers Frauenrentenalter 65 ab. Gleichzeitig hätten die Witwen- und Witwerrenten von 80 auf 60 Prozent einer Altersrente gesenkt werden sollen. Und kinderlose Witwen hätten sich mit einer einmaligen Entschädigung in der Höhe einer Jahres-Witwenrente abfinden müssen.

Das war zu viel des Schlechten für Frauen. 68 Prozent der Bevölkerung sagte Nein.