Zu Beginn von Moskaus Invasion im Nachbarland waren die Ausfuhren kurzzeitig zurückgegangen, weil einige Händler mit Finanzierungs- und Logistikproblemen zu kämpfen hatten. Inzwischen liegen Russlands Weizenlieferungen wieder im Rahmen der üblichen Mengen. 

Trotz gestiegener Fracht- und Versicherungskosten verkaufen russische Unternehmen und internationale Händler wie Viterra weiterhin grosse Mengen. Der Getreidesektor wurde nicht mit Sanktionen belegt und die Akteure im Geschäft stehen auch nicht so stark unter Druck, ihre Geschäfte einzuschränken, wie es in anderen Branchen der Fall ist. 

Eine Verringerung der russischen Weizenexporte könnten den Hunger in der Welt verschärfen - zumal die Getreideexporte der Ukraine im Zuge des Krieges abgesackt sind. Im März hatten Befürchtungen über Engpässe am Weltmarkt die Preise des Getreides bereits in beispiellose Höhen getrieben.   

“Es besteht eine hohe Nachfrage nach Weizen aufgrund der allgemeinen Besorgnis über die nächste Saison und Wetterprobleme in verschiedenen Teilen der Welt”, sagt Dmitry Rylko, Generaldirektor des in Moskau ansässigen Instituts für Agrarmarktstudien.

Ausländische Agrarunternehmen seit Beginn des Krieges weitgehend in Russland geblieben

Russland unterhält traditionell engere Beziehungen zu vielen Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas, die zu den Ländern gehören, die am meisten auf seinen Weizen angewiesen sind.

Vor dem Krieg waren die russischen Weizenlieferungen aufgrund einer geringeren Ernte und von Exportbeschränkungen gegenüber dem Vorjahr um etwa 24% zurückgegangen. Im März exportierte das Land rund 1,7 Millionen Tonnen, verglichen mit 1,1 Millionen Tonnen im selben Monat des Vorjahres. Im April beliefen sich die Exporte auf 2,1 Millionen Tonnen.

Ausländische Agrarunternehmen sind seit Beginn des Krieges weitgehend in Russland geblieben, obwohl einige ankündigten, im Lande keine neuen Investitionen mehr zu tätigen. Ihr Anteil an den russischen Weizenexporten ist in den letzten Jahren stetig gefallen. Im Aufwind sind staatlich kontrollierte Unternehmen, da die Regierung in Moskau dem Agrarsektor eine zunehmende strategische Bedeutung beimisst. 

Im April war Viterra laut Daten des Marktbeobachters Logistic der drittgröste Exporteur russischen Weizens, nach den russischen Firmen Trading House RIF und Aston. Auch die globalen Handelsriesen Cargill und Louis Dreyfus exportierten etwas Weizen aus Russland. 

Louis Dreyfus hat ein Terminal am Asowschen Meer

Viterra besitzt gemeinsam mit VTB das Getreideterminal Taman am Schwarzen Meer. Louis Dreyfus hat ein Terminal am Asowschen Meer. Archer-Daniels-Midland und Cargill sind ebenfalls vertreten. Die Bunge  verkaufte im März ihr Getreideterminal in Rostow.

Ein Sprecher von Viterra bestätigte, dass das Unternehmen neue Entwicklungs- und Expansionsprojekte in Russland ausgesetzt hat, äusserte sich jedoch nicht dazu, ob das Unternehmen den Handel einschränken wird. Cargill verwies auf eine frühere Erklärung, wonach das Unternehmen zwar keine Investitionen mehr tätige, aber weiterhin Lebens- und Futtermittelanlagen betreiben werde.

ADM teilte mit, dass das Unternehmen seine Aktivitäten in Russland, die nicht mit wichtigen Lebensmitteln zu tun haben, eingestellt hat und wo möglich aus anderen Regionen bezieht.

Bunge bekräftigte, dass das Unternehmen seit dem 25. März alle Investitionen und nicht-essentiellen Aktivitäten im Land eingestellt hat. Die derzeitigen Aktivitäten beschränken sich auf die Unterstützung der einheimischen Landwirte und Verbraucher durch die Produktion von Grundnahrungsmitteln in einer einzelnen Anlage.

“Ich würde vermuten, dass die ausländischen Händler versuchen werden, das Geschäft am Laufen zu halten, da Russland die grösste Weizenquelle der Welt sein wird”, sagte Rylko. Die grosse Frage ist, ob Russland in der neuen Saison, die im Juli beginnt, die üblichen Mengen exportieren wird.

(Bloomberg)