Die Anfrage aus Deutschland betreffe Kampfpanzer des Typs Leopard 2 A4, teilte das VBS am Freitag mit.
42 solche Panzer waren in den Jahren 2010 und 2011 von der Schweiz an die Herstellerin Rheinmetall Landsysteme im deutschen Kiel zurückverkauft worden, wie aus der Mitteilung hervorgeht. Auf allen Fahrzeugen wurden damals die 120-Millimeter-Kanone, die Mehrfachwurfanlage, die Maschinengewehre, die Bordverständigungsanlage sowie weitere Ausrüstungsgegenstände demontiert. Diese Teile blieben als Ersatzteile für die restlichen Leopard-Panzer in der Schweiz.
Man habe Deutschland bestätigt, dass die weitere Verwendung der Panzer in der alleinigen Verantwortung von Rheinmetall liege, hiess es im Communiqué des Bundes. Entscheidend sei die deutsche Gesetzgebung zur Exporten von Kriegsmaterial.
Wohl Bezug zu geplantem Ringtausch
Hintergrund ist möglicherweise ein vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz geplanter Ringtausch, über den kürzlich das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete. Dem Bericht zufolge will Deutschland Leopard-Kampfpanzer an Tschechien liefern. Tschechien würde seinerseits Panzer aus sowjetischer Produktion an die Ukraine weitergeben.
Im Communiqué des VBS hiess es dazu lediglich, Deutschland beabsichtige aufgrund des Ukraine-Krieges, verschiedenen europäischen Staaten militärische Grosssysteme zur Verfügung zu stellen und suche daher Leopard-Panzer aus Industriebeständen.
Der Entscheid wurde auf rein technischer Ebene gefällt, wie Renato Kalbermatten, VBS-Kommunikationschef, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA präzisierte.
Kurz vor Publikation des Communiqués hatte Bundesratssprecher André Simonazzi ein einer Medienkonferenz gesagt, die Landesregierung habe an ihrer Sitzung vom Freitag das Thema der Weitergabe von Waffen diskutiert und dabei auch Entscheide gefällt. Eine Medienmitteilung werde in Kürze folgen. Simonazzi bezog sich damit jedoch offensichtlich auf einen anderen Zusammenhang.
Abgelehnt hat die Schweiz eine Anfrage Polens. Warschau hatte sich für stillgelegte Leopard-Panzer interessiert, die noch im Besitz der Schweizer Armee sind. Für einen Verkauf wäre ein Beschluss des Parlaments nötig, begründete das Verteidigungsdepartement den Entscheid.
Entgegenkommen gegenüber London
Entgegen kommt die Schweiz hingegen Grossbritannien: Sie ist einverstanden, dass der Hersteller Saab bestellte Panzerabwehrwaffen des Typs NLAW zunächst an Grossbritannien liefert. Die Schweiz erhält die Waffen damit später.
London hatte sein Ersuchen den Angaben zufolge damit begründet, dass man die eigenen Bestände auffüllen müsse. Das Vereinigte Königreich hatte die Panzerabwehrwaffen in grosser Zahl an die Ukraine weitergegeben.
Das Verteidigungsdepartement betonte, es gehe nicht um Waffen, die sich bereits in der Schweiz befunden hätten. Man habe beschlossen der ersten beiden Lose abzutreten. Dabei gehe es um etwa dreissig Prozent der ursprünglich bestellten Menge.
Den grössten Teil der ursprünglichen Bestellung, circa siebzig Prozent, erhält die Schweiz demnach wie geplant bis Anfang 2023. Die Lieferung des Rests verzögert sich bis im vierten Quartal des Jahres 2024. Da die Schweizer Armee auch über andere Systeme zur Panzerabwehr verfüge, sei die Verzögerung gut verkraftbar, hielt das VBS fest.
Kontroverse innenpolitische Debatte
Die Weitergabe von aus der Schweiz gelieferten Waffensystemen durch andere europäische Staaten hatte in den vergangenen Wochen mehrfach zu Diskussionen geführt. Anders als bei den Leopard-Panzern ging es dabei allerdings meist um Waffen, die in der Schweiz hergestellt und danach exportiert worden waren. Die Abnehmerstaaten hatten sich beim Kauf verpflichtet, die Waffen nur mit Erlaubnis der Schweiz weiterzugeben - wie es das Schweizer Gesetz verlangte.
Zuletzt hatte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ein Gesuch von Dänemark abgelehnt. Kopenhagen wollte in der Schweiz hergestellte Radschützenpanzer des Typs Piranha III an die Ukraine liefern. Ein Gesuch aus Deutschland, Munition aus Schweizer Herstellung für einen Panzer an die Ukraine zu liefern, war im April abgelehnt worden.
Innenpolitisch löste die Ablehnung der Gesuche eine Debatte aus. So forderte etwa Mitte-Präsident Gerhard Pfister mehr Flexibilität, was vor Jahren exportierte Waffen angeht. Waffenlieferungen aus der Schweiz selbst an kriegführende Staaten schliesst das Neutralitätsrecht aus.
(AWP)