Das Warten auf die Unterzeichnung des Abkommens, das im Dezember 2015 paraphrasiert worden war, habe während der letzten Jahre ein "tiefgreifendes Malaise" verursacht. Mit der Unterschrift unter die Übereinkunft erfuhren die bilateralen Beziehungen der Schweiz jetzt einen Relaunch, sagte Cassis.
Das neue Abkommen über die Besteuerung von Grenzgängern liege ihm speziell am Herzen, fuhr der Bundesrat fort. Seit seiner Wahl in den Bundesrat habe die Landesregierung hart für diese Unterschrift gearbeitet.
Die Schweiz und Italien teilten viel mehr als nur eine Grenze, zeigte sich Cassis überzeugt. Die gemeinsame Landessprache sei sehr verbindend. Es gebe viele Familien mit Verwandtschaftsbeziehungen nach Italien, aber auch kulturell seien die Kontakte zwischen den beiden Ländern von grosser Bedeutung.
Pro Woche tauschten die Schweiz und Italien Waren im Wert von einer Milliarde Franken, hielt Cassis fest. Nicht zuletzt die enge Zusammenarbeit während der Corona-Pandemie habe das Bewusstsein für die Wichtigkeit bilateraler Beziehungen geschärft.
"Proaktive Rolle" des Tessins
Für den Tessiner Regierungspräsidenten Norman Gobbi schliesst sich mit dem Abkommen nach zehn Jahren ein Kreis, welcher die Beziehungen zu Italien belastet habe. Die Tessiner Regierung habe nie locker gelassen und sich kontinuierlich für die Ratifizierung des neuen Abkommens stark gemacht, sagte Gobbi.
Er erinnerte daran, dass das Tessin gemeinsam mit der Regierung der norditalienischen Region Lombardei im vergangenen April einen Brief mit konkreten Vorschlägen an die Finanzminister in Bern und Rom geschickt habe. Diese Zusammenarbeit über die Landesgrenze hinweg sei wichtig.
Gobbi begrüsste den Umstand, dass sich mit dem neuen Abkommen die Steuer für Grenzgänger auf 80 Prozent erhöhe. Im 2015 paraphrasierten Abkommensentwurf waren 70 Prozent vorgesehen gewesen.
Auch Christian Vitta, Tessiner Vorsteher des Finanz- und Volkswirtschaftsdepartements, lobte die gute "Teamarbeit" mit der Lombardei. Die bilateralen Beziehungen zu Italien könnten nun neu lanciert werden, und das Tessin spiele dabei eine "wichtige und proaktive Rolle".
"Ausgewogen und praktikabel"
Die Staatssekretärin für internationale Finanzfragen und Unterzeichnerin des neuen Abkommens Daniela Stoffel sagte, beide Seiten hätten auf dem Weg zu einer Lösung viel Engagement gezeigt. Sie lobte insbesondere die konkreten Vorschläge, welche die Tessiner Regierung gemeinsam mit der Lombardei erarbeitet hatte. Diese hätten viel zum neuen Abkommen beigetragen.
Unterschrieben habe sie übrigens mit einem Stift, der aus Tessiner Eichenholz gefertigt und im vergangenen Oktober Ueli Maurer als Geschenk überreicht worden sei, erzählte Stoffel. Insgesamt beurteilte sie das Abkommen als "ausgewogen und praktikabel".
Die Schweiz und Italien unterzeichneten am Mittwochvormittag in Rom ein neues Abkommen über die Besteuerung von Grenzgängern sowie ein Änderungsprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen. Dieses ersetzte das bisherige Abkommen aus dem Jahr 1974.
(AWP)