SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard sagte am Samstag in der Liveübertragung zum Tag der Arbeit, die Corona-Pandemie sei eine unglaubliche Krise und eine grosse soziale Katastrophe.
Viele Menschen befänden sich in der Kurzarbeit. Doch 20 Prozent weniger Lohn über Monate sei schwierig für viele Familien und stelle diese vor Schwierigkeiten. Eine starke gewerkschaftliche Bewegung sei deshalb nötig. Nur so könne man etwas bewegen.
"Nach dem Kampf gegen das Virus ist es höchste Zeit, den sozialen Kampf wieder aufzunehmen", so Maillard. Es brauche einen Aufschwung für die Arbeiterinnen und Arbeiter mit Vollbeschäftigung, besseren Löhnen und einer sozialeren Altersvorsorge - eine soziale Wende.
Sommaruga und Berset plädieren für Solidarität
Bundesrätin Simonetta Sommaruga und ihr SP-Bundesratskollege Alain Berset forderten zum 1. Mai Solidarität, denn die Arbeitsbedingungen seien wegen der Pandemie in Berufen mit niedrigen Löhnen schlechter geworden. Berset sagte in seiner Twitter-Ansprache, die Corona-Krise habe eines mit anderen Krisen gemeinsam: "Die Schwächsten leiden am meisten".
Ungleichheiten würden weiter zunehmen, Jobs mit tiefen Löhnen seien besonders gefährdet. Vor allem treffe diese Krise die Frauen, sagte Berset. Sommaruga hatte anlässlich des Tages der Arbeit bereits am Freitag Verkäuferinnen in Lausanne besucht. Bei ihrer Visite im Detailhandel forderte sie Lohngleichheit und Flexibilität, nicht nur von den Arbeitnehmenden sondern auch von den Arbeitgebern.
Service Public ist in Krise essentiell
VPOD-Präsidentin und Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH) betonte im Livestream, gerade für den Service Public sei es ein "extremes und ausserordentliches" Jahr gewesen. Die systemrelevanz der Berufe dieses Sektors, darunter Bildung, ÖV, Sozialwesen aber auch Abfallwesen, sei sichtbar geworden.
Es sei vor allem im Gesundheitswesen wegen des Personalmangels ein Jahr des Dauerstresses gewesen. Nur Klatschen und minimale Anerkennung für das Gesundheitspersonal reiche aber nicht aus, sagte Prelicz-Huber.
GAV und Mieterlass gefordert
Laut Unia-Präsidentin Vania Alleva hat sich die Situation in den Tieflohn-Branchen wegen der Corona-Krise verschärft. Flexible Arbeitszeiten, Kleinstpensen und Arbeit auf Abruf würden überhandnehmen, deshalb werde der Kampf für "anständige Löhne und sichere Arbeitsbedingungen umso wichtiger", sagte Alleva an der SGB-Veranstaltung.
Laut Unia soll der Lohnersatz solle für Löhne bis 5000 Franken netto auf 100 Prozent aufgestockt werden. Für geschlossene Betriebe soll es einen Mieterlass geben. Zudem will die Unia mehr verbindliche Branchen-Gesamtarbeitsverträge erreichen.
Dass ein fehlender GAV zu Problemen führt, zeigte die SGB-Liveschaltung auf den Lindenhof in Zürich. Dort machten Schreinerinnen und Schreiner auf den fehlenden GAV aufmerksam. Diese Branche befindet sich seit dem 1. Januar 2021 in einem vertragslosen Zustand.
Unterwegs mit Foodkurieren war die Gewerkschaft Syndicom. Meist seien in diesen Jobs junge Leute tätig. Diese Branche habe in der Corona-Krise besonders geboomt, hiess es. Ziel sei es, einen allgemeinverbindlichen GAV für gesamte Velokurierbranche zu erreichen.
Schweizweit Anlässe
Anders als vor einem Jahr findet der Tag der Arbeit dieses Mal nicht nur im Internet statt. Schweizweit sind am Samstag laut SGB rund 40 verschiedene Anlässe geplant. Vor einem Jahr hatte es wegen des Coronavirus erstmals in der Geschichte der organisierten Schweizer Arbeiterschaft und damit seit 130 Jahren zum Tag der Arbeit am 1. Mai keine Kundgebungen gegeben.
Im Kanton Bern wurde der Tag der Arbeit wegen der Pandemie in kleinem Rahmen begangen. Anders als vor einem Jahr gibt es in den grösseren Städten aber dennoch einige Aktivitäten. In der Stadt Zürich kam es aufgrund der 1.-Mai-Anlässe zu Einschränkungen und Unterbrüchen im öffentlichen Verkehr. Neben Gewerkschaftskundgebungen an verschiedenen Orten zog auch ein kurzer Demo-Zug durch die Stadt.
https://www.mai2021.ch/de/
(AWP)