Mit den Zentralbanken ist es so eine Sache: Sie sollten in erster Linie für stabile Preise sorgen. Doch seit dem Ausbruch der Finanzkrise ist die Flut an billigem Notenbankgeld zum eigentlichen Schmiermittel für die globalen Aktienmärkte geworden. Alleine zwischen Februar 2009 und heute ist der Weltaktienindex MSCI World um mehr als 170 Prozent gestiegen. Die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken hat ihre Wirkung nicht verfehlt.

Somit waren die Entscheidungen über das Ausmass dieser Geldspritzen in den letzten Jahren immer im Fokus der Investoren. In dieser Woche stehen wiederum vier wichtige Zentralbanken-Termine an. Die amerikanische Federal Reserve (13. Dezember, 20 Uhr MEZ), die Schweizerische Nationalbank (14. Dezember, 9.30 Uhr), die Bank of England (14. Dezember, 13 Uhr MEZ) und die Europäische Zentralbank (14. Dezember, 13.45 Uhr) informieren alle über ihre Leitzinsen und die Geldpolitik. Folgende Punkte stehen dabei für Schweizer Anleger im Fokus.

US-Notenbank Fed: Zinsanstieg fest eingeplant

Für die Sitzung vom 13. Dezember hat der Markt einen Leitzinsanstieg in die Bandbreite zwischen 1,25 bis 1,5 Prozent bereits fest eingepreist. Bereits im Juni hatte die Fed die Leitzinsen in die Zone zwischen 1 und 1,25 Prozent gehievt. Die US-Notenbank hat einen neuerlichen Schritt deutlich signalisiert. So sprach Jerome Powell, der ab März neuer Fed-Chef wird, jüngst davon, dass die Argumente für einen Anstieg im Dezember "immer zwingender" würden. Powell ist derzeit bereits Mitglied im Führungsgremium der Fed.

Viel wichtiger als der bereits antizipierte Anstieg am Mittwoch ist aber die Frage, wie viele weitere Zinsanhebungen im Jahr 2018 folgen werden. Investoren erhoffen sich in den Erklärungen von Janet Yellen neue Aufschlüsse dazu. Gemäss bisheriger Haltung der Fed werden es drei Schritte sein. "Der Markt hat das noch nicht vollständig eingepreist, es ist aber ein Konsensus unter den Analysten", sagte dazu vergangene Woche Marc Brütsch, Chefökonom von Swiss Life Asset Managers, im cash-Börsen-Talk. Die Differenz der Markteinschätzung zum Plan der US-Fed sei aber nicht gross, so dass der Aktienmarkt dadurch nicht einzubrechen drohe. 

Überraschungspotenzial: gering. Bliebe der Zinsschritt aber aus, dürfte es zu kurzfristigen Verwerfungen an den Finanzmärkten kommen, da dies auf Probleme der US-Wirtschaft hindeuten würde.

Schweizerische Nationalbank: An der Leine der EZB

Am Donnerstagmorgen wird die Schweizerische Nationalbank (SNB) an ihren Leitzinsen erneut nichts ändern. Die letzte Zinserhöhung liegt nun bereits mehr als zehn Jahre zurück (13. September 2007). Trotz eines abgeschwächten Frankens, einer wieder positiven Teuerung und guten Aussichten für die hiesige Wirtschaft halten die mutigsten Prognostiker erst Ende 2018 eine SNB-Zinswende für möglich.

Unter Marktbeobachtern dominiert aber nach wie vor die Meinung: Die SNB dreht nicht vor der EZB an der Zinsschraube. Und es dauert bis Ende 2020, bis die Negativzinsen aufgehoben werden. Darauf deuten auch die Bewegungen am Markt für Staatsanleihen hin. In den letzten vier Monaten rentierten zehnjährige Schweizer Bundesobligationen nicht mehr im positiven Bereich. Auch die Renditen ihrer deutschen und französischen Pendants sind unlängst wieder unter Druck gekommen.

Beobachter werden zudem genau darauf schauen, wie die SNB den Franken bezeichnet. Nach der Abschwächung der Schweizer Währung gegen den Euro, die im Sommer passierte, sprach die SNB an ihrer letzten Zinssitzung im September nicht mehr von einem "deutlich überbewerteten" Franken, sondern bloss noch von einem "weiter hoch bewerteten" Franken. Schwächt die SNB diese Bezeichnung weiter ab?

Überraschungspotenzial: gering. Würde die SNB völlig unerwartet dennoch mit einem Zinsschritt vorpreschen, würde in erster Linie der Schweizer Franken deutlich aufwerten. Auch die hiesige Börse würde einige Zeit brauchen, um die Überraschung zu verdauen. 

Bank of England: Zinsschritt wäre zu gefährlich

Lange wurde ein Zinsanstieg in England erwartet, lange liess dieser aber auf sich warten. Ganze zehn Jahre nach dem letzten Anstieg hat die Bank of England am 2. November 2017 schliesslich den Leitzins von 0,25 auf 0,5 Prozent heraufgesetzt. Sie ist damit nach der US-Fed die zweite grosse Zentralbank, die eine Normalisierung der Geldpolitik eingeleitet hat. So kurz nach dem ersten Anstieg wird Notenbankchef Mark Carney am 14. Dezember den Schlüsselsatz nicht erneut antasten.

Ein Anstieg würde auch kaum Sinn machen, zumal in Grossbritannien immer noch grosse Unsicherheit bezüglich des Austritts aus der Europäischen Union herrscht. Wird es ein harter Brexit mit einem kompletten Ausstieg aus dem Binnenmarkt oder kommt es zu einer sanfteren Lösung? Das dürfte auch 2018 zu Planungsunsicherheiten bei britischen Firmen führen und die Wirtschaft etwas bremsen. 2017 war die Performance des britischen Leitindex FTSE 100 mit bislang plus 4 Prozent vergleichsweise schwach.

Überraschungspotenzial: Eine Zinsänderung ist praktisch ausgeschlossen. Noch höhere Zinsen würden die Wirtschaft abwürgen und auch den britischen Aktienmarkt weiter bremsen. Die globalen Märkte hingegen werden durch den BoE-Entscheid kaum beeinträchtigt.

Europäische Zentralbank: Wie viel verrät Draghi?

Von der Europäischen Zentralbank (EZB) wird ebenfalls keine Abkehr vom Leitzins bei 0 Prozent erwartet. Im Fokus stehen vielmehr neue Wachstums- und Inflationsprognosen für die Eurozone. Ökonomen rechnen damit, dass die EZB-Vorhersagen zuversichtlicher sein werden als zuletzt und dass sich das Wachstumsumfeld in Europa weiterhin robust präsentiert. Von Interesse ist zudem, wie sich die monatlichen Anleihenkäufe der EZB in Zukunft zusammensetzen und wann diese beendet werden. EZB-Äusserungen dazu geben Hinweise darauf, wann in der Schweiz mit einer geldpolitischen Normalisierung zu rechnen ist.

Grösser sind die Risiken auf politischer Ebene. Kommt in Deutschland weiterhin keine Regierungskoalition zustande und gewinnen in den italienischen Wahlen (im Frühling 2018) Euro-skeptische Parteien an Macht, könnte der Euro wieder deutlich an Wert verlieren. Mit der Folge eines Abrutschens von Euro-Franken.

Überraschungspotenzial: vorhanden. Investoren sind gespannt, welche Details EZB-Chef Mario Draghi zu den Anleihekäufen bekannt gibt. Signalisiert er zu früh ein Ende der aktuellen Geldpolitik, könnte das die Märkte beunruhigen.

Die aktuelle Zinslage von Notenbanken

 Leitzins (in %)Datum letzte Zinsänderung
Schweizerische Nationalbank-0,7515.01.2015 (Senkung)
Europäische Zentralbank010.03.2016 (Senkung)
Federal Reserve (USA)1,00 bis 1,2514.06.2017 (Anhebung)
Bank of England0,502.11.2017 (Anhebung)

Quelle: global-rates.com