Ebenso wie die amerikanische Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) weichen die Schweizer Währungshüter noch nicht von dem nach der Finanz- und der Euro-Schuldenkrise eingeschlagenen lockeren Kurs ab. Angesichts der strukturellen Probleme in Europa und konjunkturell schwächelnder Schwellenländer sei eine neue Fluchtbewegung in den Franken nicht ausgeschlossen, wie die Schweizerische Nationalbank (SNB) am Donnerstag in ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung erklärte.

Auch wenn der Euro mit derzeit rund 1,2350 Franken einen komfortablen Abstand zu der vor zwei Jahren eingeführten Untergrenze von 1,20 Franken aufweist, bleibe der Mindestkurs notwendig, erklärte die SNB. Die Kursgrenze werde, wenn nötig, mit Devisenkäufen in unbeschränkter Höhe durchgesetzt. Würde sich der Franken aufwerten, würden sich Schweizer Güter im Ausland verteuern und im Inland könnten Deflationsgefahren entstehen.

Das Zielband für ihren Leitzins Dreimonats-Libor beließ die SNB bei null bis 0,25 Prozent. Inflationsrisiken machten die Währungshüter nicht aus. Laut der SNB-Prognose dürften die Verbraucherpreise dieses Jahr um 0,2 Prozent sinken. 2014 dürfte das Preisniveau dann leicht um 0,3 Prozent steigen. Die Teuerung des Jahres 2015 schätzte die SNB auf 0,7 Prozent. Inflation beginnt für die SNB erst, wenn die Preise um zwei Prozent steigen.

Das Wirtschaftswachstum dürfte dieses Jahr etwas höher ausfallen als angenommen. Die SNB schraubte ihre Prognose auf 1,5 bis 2,0 Prozent nach oben. In Juni waren die Währungshüter noch von einem Wachstum zwischen 1,0 und 1,5 Prozent ausgegangen. Im zweiten Halbjahr dürften sich die Exporte beleben, so die SNB.

Sorgenkind Immobilienmarkt

Sorgen macht den Währungshütern weiterhin der durch tiefe Zinsen befeuerte Immobilienmarkt. Zwar habe sich der Preisanstieg im zweiten Quartal in einigen Teilen des Marktes abgeschwächt und die Hypothekenkredite seien nicht mehr so stark gewachsen wie ein Jahr zuvor. Die Gefahr bleibe aber bestehen, dass die Ungleichgewichte weiter zunehmen. Schließlich wachse das Hypothekenvolumen immer noch schneller als das Bruttoinlandsprodukt (BIP).

"Die Nationalbank verfolgt die Situation weiterhin aufmerksam". Die Zinsen erhöhen, um den Boom zu dämpfen, kann die SNB nicht. Sie würde dann eine Franken-Aufwertung auslösen. Sie behilft sich mit einem sogenannten antizyklischen Puffer. Das heißt, dass Banken ab Ende September Wohnbau-Kredite mit mehr Eigenkapital unterlegen müssen. Das soll die Kreditvergabe bremsen.

Wann die SNB ihren geldpolitischen Kurs ändert, hängt nach Ansicht von Experten weitgehend von Faktoren ab, die sie nicht beeinflussen kann. "Die Zukunft der Geldpolitik in der Schweiz hängt sehr stark von der Zukunft der Geldpolitik in der Euro-Zone ab und ein bisschen weniger stark von der Geldpolitik in den USA", erklärte der Credit Suisse-Ökonom Maxime Botteron. Solange die EZB und die Fed bei ihrer expansiven Politik bleiben, sei es ziemlich unwahrscheinlich, dass die SNB den Euro-Mindestkurs abschaffe.

"Wenn die Fed vorsichtig bleibt, wird die SNB noch vorsichtiger bleiben," sagte der UBS-Experte Reto Huenerwadel. Noch weiter geht der Zinsexperte Daniel Hartmann vom Anleihen-Manager Bantleon: "Die US-Notenbank setzt die anderen Zentralbanken unter Druck, die Nullzins-Politik fortzuführen", erklärte er.

(Reuters)