Nachdem Argentinien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den reichsten Ländern der Welt gehört hatte, kam es seit den 1950er Jahren zu wiederholt politisch und auch wirtschaftlich instabilen Phasen. Das Land kämpfte gegen eine hartnäckige Inflation, die Ende der 1980er Jahre gar in einer Hyperinflation mündete. 1989 betrug die jährliche Inflationsrate Argentiniens über 3000 Prozent. Um dieser Ausuferung der eigenen Währung entgegen zu wirken, koppelte man 1991 die eigene Währung, damals noch Austral, später Peso, an den US-Dollar.

Doch die amerikanische Wirtschaft wuchs, der Dollar wurde stark und der Peso mit ihm. Dies war ein Problem für Argentiniens Wirtschaft. Der im Vergleich zur Wirtschaftsleistung zu starke Peso führte das Land in die Verschuldung: Die Importe gingen zurück, die Handelsbilanz zunehmend negativer. Eine Abwertung des Peso hätte die Handelsbilanz wieder ausgleichen können, da dies die Exporte erhöht und generell zu tieferen Zinsen geführt hätte. Die Anbindung an den Dollar versperrte diesen Weg jedoch.

Zwar gab es immer wieder Forderungen, den Peso vom Dollar loszulösen, doch die Regierung stellte sich vehement dagegen. Man befürchtete nach der Loslösung Kapitalflucht und Spekulationsattacken.

In einigen Provinzen, die knapp bei Kasse waren, wurde in der Not eigene Schuldscheine, so genannte Bonos, gedruckt und als Währung benutzt. Doch wer seinen Lohn in Bonos bekam, hatte ein Problem: Nicht alle Unternehmen akzeptierten Bonos und in harte Währungen liess es sich nur gegen hohe Abschläge umtauschen.

Hilfskredite vom IWF

Das finanziell klamme Land benötigte 2000 und 2001 mehrere Hilfspakete vom Internationalen Währungsfonds (IWF), welche an harte Auflagen geknüpft waren. Zu den Forderungen gehörten Privatisierungen, eine Liberalisierung des Gesundheitswesens und eine Kürzung des Haushaltsdefizits um 2,5 Milliarden Dollar innerhalb eines Jahres.

Die Massnahmen schienen zu fruchten, das Land erholte sich wirtschaftlich. Doch die Freude währte nur kurz: Der weltweite Wirtschaftseinbruch nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA machte das zarte Pflänzchen namens Erholung wieder zunichte. Die Rating-Agentur "Standard & Poor’s" senkte Argentiniens Bonitätsindikator.

Im November desselben Jahres kündigte der damalige Wirtschaftsminister Cavallo an, das vom Internationalen Währungsfonds (IWF) geforderte Haushaltsziel nicht erreichen zu können. Als Folge dessen weigerte sich der IWF, eine vorgesehene Tranche von 1,25 Milliarden Dollar den Argentiniern zu überweisen.

Das nackte Chaos brach aus

Es kam zu einem Vertrauensverlust der Regierung und zu einer massiven Kapitalflucht. Jeder wollte sein Geld in Sicherheit bringen und seine Einlagen eins zu eins in Dollar tauschen, da dies das fixe Wechselkurs-Verhältnis zwischen Peso und Dollar war. Argentiniens Regierung fror kurzfristig die Konten ein, um weitere Kapitalabflüsse zu verhindern. Pro Woche durften nur noch maximal 250 Pesos abgehoben werden. Gleichzeitig wurde die Bindung der Währung zum Dollar aufgelöst.

Das Ende der Kursauflösung war jedoch nicht unproblematisch für viele Argentinier. Der Peso wertete sich stark ab. Für Personen, welche ihre Hypothek in Dollar hatten, wurde dies zu einem Problem: Sie waren überschuldet. Ausserdem mussten zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen Insolvenz anmelden, da auch ihnen die Schuldenlast zu viel wurde.

Die Bevölkerung war in Aufruhr, es kam zu einem Generalstreik und zu massiven, teils gewalttätigen Demonstrationen mit insgesamt 28 Todesopfern. Der Präsident sowie der Wirtschaftsminister traten darauf hin zurück. Der neue Präsident Adolfo Rodriguez Saà hielt sich gerade mal fünf Tage im Amt und verkündete im Dezember 2001 die Zahlungsunfähigkeit des Landes gegenüber seinen Gläubigern. Anleihen im Wert von über 100 Milliarden Dollar wurden nicht mehr bedient, die geprellten waren zu einem grossen Teil ausländische Privatgläubiger. Argentinien war offiziell pleite.

Hohe Arbeitslosigkeit und Tauschmarkt

Da die Zahlungen an die Gläubiger mit der Bankrotterklärung fürs erste vom Tisch waren, benötigte Argentinien vorerst auch keine Hilfe mehr vom IWF. Die inneren Unruhen setzten sich jedoch auch zu Beginn des Jahres 2002 noch fort. Die Arbeitslosigkeit stieg auf 24 Prozent – die Griechen im Vergleich dazu haben aktuell sogar eine Arbeitslosigkeit von 25,4 Prozent. Weil zu wenig Geld im Umlauf war entstanden Tauschmärkte, Ware wurde gegen Ware getauscht.

Nach einigen Regierungswechseln zeichnete sich Mitte 2002 erstmals eine Erholung der Wirtschaft ab. Der Dollar-Kurs pendelte sich zwischen 3,6 und 3,7 Pesos ein. Nach und nach waren die positiven Seiten der Währungsabwertung spürbar: Das Land war nun international konkurrenzfähig dank der günstigen Währung, konnte wieder mehr ins Ausland exportieren. Im Jahr 2003 wuchs die Wirtschaft um 8,9 Prozent.

Mit der besseren Wirtschaftsleistung kam jedoch auch wieder das Thema der Rückzahlung der Schulden aufs Parkett. Da es jedoch kein internationales Gesetz für Zahlungsausfälle gibt, war die Rechtslage alles andere als klar.

Rechtsstreitigkeiten, die bis heute andauern

Argentinien drückte sich nicht komplett vor seinen offenen Zahlungen. Der IWF und andere Organisationen bekamen ihr Geld zurück, und privaten Gläubigern wurde eine Rückzahlung von einem Drittel der Schulden offeriert. Einige gingen darauf ein, andere wiederum zogen den Staat in einen langwierigen Rechtsstreit. Viele Gläubiger bekamen in den Verhandlungen vom Gerichtssaal zwar recht, Argentinien verweigerte die Rückzahlung aber trotzdem.

Für Aufsehen sorgte im Oktober 2012 die Pfändung des argentinischen Marine-Segelschiffes Libertad in einem Hafen Ghanas auf Betreiben des Hedgefonds NML Capital. Argentinien schuldet dem New Yorker Unternehmen 1,3 Milliarden Dollar, wie dazumals ein New Yorker Bezirksrichter befand. Und solange der Hedgefonds sein Geld nicht bekäme, sei es Argentinien verboten andere Schulden zu bereinigen. Da Argentinien bis heute eine Auszahlung verweigert und auch ein Schlichtungsverfahren im Juli 2014 zu keiner Einigung führte, gilt der Staat seither als insolvent.

Rückblickend lässt sich sagen, dass die Peso-Dollar-Bindung viel früher hätte aufgelöst werden müssen, um die Krise und den Staatsbankrott zu verhindern. Zum einen hätte dies der IWF mittels Kreditauflagen fordern können, zum anderen hätte auch die Regierung früher durchgreifen müssen. Trotz Erholung leidet Argentinien heute noch unter dem Bankrott, das Land ist vom internationalen Kapitalmarkt abgeschnitten.