Das sagte der Freiburger in einem Interview mit der "NZZ am Sonntag". Levrat fordert nun Klarheit: Die Verhandlungen über das Rahmenabkommen müssten nun entweder bald abgeschlossen oder dann abgebrochen werden. Der Bundesrat solle noch einmal nach Brüssel reisen und bei der EU mehr Druck machen, damit die flankierenden Massnahmen "ohne Wenn und Aber" gesichert seien.

Sollte die EU nicht darauf eintreten und sollten die Verhandlungen scheitern, sei dies zwar nicht optimal, aber auch "kein Drama". Man entwickle dann einfach bilaterale Verträge dort, wo gegenseitiges Interesse bestehe.

Kein Boden für weitere Annäherung

Die SP befürwortet zwar grundsätzlich ein Rahmenabkommen mit der EU. Es könne aber nur einen Schritt weiter gehen, wenn die Schweiz beim Lohnschutz, beim Service public und beim Schutz vor der Unionsbürgerrichtlinie mehr Garantien bekomme.

Die SP gilt als "Europapartei" und steht für Integration in die EU ein. Für weitere Annäherungsversuche an die EU gebe es derzeit aber keinen Boden, sagte Levrat. Die EU sei im sozialen Bereich kaum fortschrittlicher als die Schweiz. Zwar bewege sie sich in der Finanz- und Steuerpolitik.

Sie habe aber Probleme bei der Migration, bei der Kohäsion und in gewissen Ländern mit der Rechtsstaatlichkeit. Solange die EU nicht mehr soziale und ökologische Fortschritte mache, sei die Zeit nicht reif für nächste Schritte.

Levrat tritt in zwei Wochen als Präsident der SP zurück. Sein Amt übernehmen voraussichtlich die Nationalrätin Mattea Meyer (ZH) und Nationalrat Cédric Wermuth (AG). Sie betonten in einem Interview mit dem "Tagesanzeiger" am Donnerstag die proeuropäische Haltung der Partei: Die grössten Herausforderungen liessen sich nicht nationalstaatlich lösen. Beim Rahmenabkommens sind sie jedoch auf der Linie Levrats: ohne "juristisch wasserdichte Klärung" könne dieses nicht unterstützt werden.

Bigler: "Druck der EU nicht zu ernst nehmen"

Die EU ist beim Rahmenvertrag zwar zu Gesprächen und allenfalls zu Präzisierungen bereit, nicht aber zu neuen Verhandlungen. Man solle es nicht überbewerten, wenn die EU Druck aufbaue, sagte dazu im Interview mit der Zeitung "Sonntagsblick" Hans-Ulrich Bigler, der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes.

Zusammen mit den Gewerkschaften habe der Gewerbeverband dem Bundesrat einen Vorschlag unterbreitet, wie die flankierenden Massnahmen in einem Rahmenvertrag mit der EU weitergeführt werden können. Der Termin von Bundesrat und Sozialpartnern für die Diskussion über den Vorschlag ist noch offen, über den Inhalt wurde Stillschweigen vereinbart.

Die Problematik liege für die Sozialpartner in der dynamischen Rechtsübernahme, sagte Bigler. Damit bestehe die Gefahr, dass ein europäisches Gericht den Lohnschutz ausheble. Im heutigen Entwurf sei vorgesehen, dass eine Stellungnahme dieses Gerichts für die Schweiz bindend sei. Das sei nicht akzeptabel. Die SP jedoch könnte gemäss Levrat mit dieser dynamischen Rechtsübernahme leben.

(AWP)