Die rot-grüne Koalition in Schweden will die Ausgaben für Umwelt und Soziales erhöhen und zugleich die Steuern senken. Die Minderheitsregierung in Stockholm fährt mit ihrem am Mittwoch vorgelegten Haushalt für 2020 damit zweigleisig: Sie will ihre Stammwähler und auch die beiden Mitte-Rechts-Parteien, die sie im Parlament tolerieren, zufriedenstellen.

So sollen etwa die Leistungen für Rentner und die Ausgaben für Schulen sowie für den Umweltschutz steigen. Eine bittere Pille gerade für viele Sozialdemokraten dürfte aber die geplante Steuersenkung für Besserverdiener und Unternehmen sein.

"Es ist kein Geheimnis, dass es sich hierbei nicht um eine Reformmassnahme handelt, die wir Sozialdemokraten selbst eingeführt hätten", sagte Finanzministerin Magdalena Andersson. Denn damit ginge die Vermögensschere weiter auseinander.

Staatsausgaben sollen moderat steigen

Das im Januar zwischen der Koalition sowie den Liberalen und der Zentrumspartei vereinbarte Gesamtpaket werde aber die Sozialleistungen und den Arbeitsmarkt stärken. Allerdings dürften gerade die Lockerungen bei Arbeits- und Mietrecht sowie die Privatisierung von Arbeitsagenturen die Spannungen in der sozialdemokratischen Partei verschärfen.

Insgesamt sollen die Staatsausgaben um moderate 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gesteigert werden. Für eine grössere Steigerung, wie sie von manchen Ökonomen wegen der abflauenden Konjunktur gefordert wird, sieht Andersson keine Notwendigkeit.

"Die schwedische Wirtschaft entwickelt sich immer noch gut", sagte sie. Bei Bedarf könne die Regierung immer noch nachlegen. Es ist der erste Haushalt der rot-grünen Regierung nach der Wahl im vergangenen Jahr, die weder für das Mitte-Links- noch das Mitte-Rechts-Lager eine ausreichende Mehrheit brachte. 

Schwedisches Modell 

Schweden gilt weltweit als eines der wichtigsten Länder, die unter dem Begriff Wohlfahrtsstaat über ein weitreichenes soziales System verfügen. Dies bedeutet sowohl hohe Staatsausgaben, also auch eine hohe Steuerbelastung. Die Rede ist auch vom "schwedischen Modell" oder dem "nordischen Modell", weil es eine ähnliche Sozialpolitik auch in den anderen skandinavischen Ländern gibt. 

Der Höchststeuersatz für Ein kommen in Schweden liegt bei 57,2 Prozent. In den Siebziger Jahren hatten Schwedens Steuern für Diskussionen gesorgt und 1976 zur Abwahl der regierenden Sozialdemokraten geführt. Der Grenzsteuersatz für gewisse Einkommen lag bei über 100 Prozent. Gegen die Steuergesetze engagierte sich damals unter anderem die weltberühmte Schriftstellerin und Kinderbuchautorin Astrid Lindgren.

(Reuters/cash)